Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

— 149 — 
durch gesetzliche Ermächtigung zu Verordnungen also bewußt 
ausschließen will — diese Absicht des Verfassungsgesetzgebers 
muß für jede Bestimmung besonders eruiert werden und kann 
besonders auch nicht einfach überall da angenommen werden, wo 
er eine Regelung „im Wege der Gesetzgebung“ verlangt. Aller- 
dings ist es wohl das Nächstliegendgte, diesen Ausdruck dahin zu 
verstehen, daß die Regelung der in Rede stehenden Materie durch 
ein formelles Gesetz erfolgen soll. „Regelung im Wege der Ge- 
setzgebung“ kann aber auch nur bedeuten wollen, daß die Regelung 
„nicht ohne einen Akt der Gesetzgebung“ erfolgen darf. Dann 
ist es dem Gesetzgeber überlassen, sie selbst vorzunehmen oder 
durch Schaffung eines Verordnungsrechts „im Wege der Gesetz- 
gebung“ der Regierung zu übertragen. 2. Speziell den Reichs- 
gesetzgeber hielt man in der Befugnis, Verordnungsrechte zu 
schaffen, beschränkt durch die in der Reichsverfassung vorgesehene 
Kompetenzverteilung zwischen Reich und Einzelstaaten, indem ein 
Verordnungsrecht, welches dieser widerstreitet, eben eine Ver- 
fassungsänderung bedeutet hätte, die nicht im Wege der einfachen 
Gesetzgebung vorgenommen werden konnte ?’. Nur einer der Theo- 
retiker des vorrevolutionären Staatsrechts, V. ROENNE, hatte für 
dieses eine abweichende Ansicht dahin aufgestellt, daß der Gesetz- 
geber grundsätzlich nicht befugt sei, Gegenstände, die „an sich 
und ihrer Natur nach“ dem Gebiet der Gesetzgebung angehören, 
durch einfaches Gesetz auf den Verordnungsweg zu schieben, die 
Befugnis Rechtsverordnungen zu erlassen vielmehr nur durch 
verfassungsgesetzliche Ermächtigung geschaffen werden könne *®, 
ROENNE ist aber mit dieser Ansicht überall auf Widerspruch ge- 
stoßen, so daß die spätere Theorie sich mit ihr überhaupt nicht 
27 Vgl. besonders HAENnEL, Deutsches Staatsrecht, Bd. 1 S. 297 ff. 
28 y, ROENNE, Staatsrecht der Preußischen Monarchie, 1. Aufl., Leipzig 
1856 Bd. 1 S. 144 Anm. 2 und 3; 3, Aufl. 1872 Bd. 1, 18. 176; 4. Aufl. 
1881 Bd. 1 8. 366 f£. DERSELBE, Staatsrecht des Deutschen Reiches, Leipzig 
1877 Bd. 2, 18. 13 ff. 
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft 2. 11
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.