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Reichsgesetzen häufiger findet®®, enthält jetzt die Reichsverfassung
selbst, indem sie den Reichspräsidenten verpflichtet, Verordnungen,
die er auf Grund des Art. 48 erlassen hat, unverzüglich dem
Reichstag vorzulegen und auf Verlangen dieses wieder außer
Kraft zu setzen.
Als präsumtiver Träger des Verordnungsrechts erscheint die
Reichsregierung (bzw. der zuständige Ressortminister, vgl. d. folg.),
da sich in ihr grundsätzlich die ganze Exekutive konzentriert.
Sollte daher in einem Reichsgesetz der Erlaß einer Verordnung
vorgesehen, das Organ, dem er obliegt, aber nicht genannt sein,
so wäre die Reichsregierung berufen.
Das Verordnungsrecht des Reichspräsidenten ist nie ein
selbständiges in dem Sinne, daß der Reichspräsident frei über
seine Ausübung entscheiden kann, indem er stets an die Zu-
stimmung des Reichskanzlers oder des Ressortministers gebunden
ist, der die Verordnung gegenzuzeichnen und die Verantwor-
tung für sie dem Reichstag gegenüber zu tragen hat. Tatsäch-
lich werden die Verordnungen des Reichspräsidenten denn auch
regelmäßig von dem zur Gegenzeichnung berufenen Minister ge-
macht, Verweigert dieser die Mitwirkung zum Erlaß einer vom
Reichspräsidenten beabsichtigten Verordnung, so kann der Reichs-
präsident sich nur helfen durch Entlassung des Ministers, die,
sofern es sich nicht um den Reichskanzler selbst handelt, wieder
nur mit Zustimmung dieses erfolgen kann.
Ist vom Gesetzgeber die „Reichsregierung“ zum Erlaß einer
Rechtsverordnung berufen, so kann im Hinblick auf Art. 56 und
97 der RV. die Frage entstehen, ob die Verordnung von der
Reichsregierung als Kollegium zu beschließen und dann mit Unter-
® Vgl. LABAnD Reichsstaatsrecht (4) Bd. 1 S. 279 Anm. 2, Soweit
diese Reichsgesetze noch gelten, sind auf Grund derselben erlassene Ver-
ordnungen auch weiter dem Reichstag vorzulegen. PrEUss a. a. O., Proto-
kolle S. 79.
* Preuss im Verfassungsausschuß der Nat.Vers., Protokolle 8. 42.