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wäre hier die Ermächtigung nicht auf eine solche abgestellt, so
hätte das Vorsehen einer Subdelegation auf den zuständigen
Minister gar keinen Sinn. In Art. 77 fehlt es an einem solchen
deutlichen Anhaltspunkt für seine Auslegung. Allein beachtet
man, wie die Ermächtigung in Art. 88 nur dadurch veranlaßt ist,
daß der Gesetzgeber an dem Erlaß der hier genannten Verord-
nungen im Gebiet der Postverwaltung den Reichsrat in weiterem
Umfange beteiligen wollte als dies der Art. 77 vorsieht, so wird
man annehmen müssen, daß er im übrigen die Verordnungen auf
Grund des Art. 77 ebenso zustande kommen lassen wollte wie die
auf Grund des Art. 88 erlassenen, also durch kollegialische Be-
schlußfassung der Reichsregierung®®. Die Praxis ist allerdings
zum Teil eine andere und dabei inkorrekt. Auf Grund der vor-
genannten Verfassungsartikel hat bald die Reichsregierung als
solche, bald ein Einzelminister, besonders der Reichspostminister,
Verordnungen erlassen **. Was aber die Ermächtigung in anderen
Reichsgesetzen anlangt, so ist, wenn man beachtet, wie hier bald
„die Reichsregierung“, bald ein bestimmt bezeichneter Fachminister
ermächtigt wird, anzunehmen, daß der Reichsgesetzgeber da, wo
er die Reichsregierung beruft, die Verordnung vom Kollegium er-
lassen wissen will, indem angenommen werden muß, daß die ver-
schiedene Bezeichnung des Verordnungsträgers auch auf verschie-
dene Stellen geht.
Die Ermächtigung der Länder zum Erlaß von Rechtsver-
4 Ebenso im Ergebnis AnscHUTz a. a. OÖ. Anm. 2 zu Art. 77 und
Anm. 5 zu Art. 888.138, 157 und ohne weitere Begründung GIESE a. a. O.
Anm. 3 und 4 zu Art. 77 a. a. O. S. 203. Anders PorTzScH a. a. O. und
Anm. 2 zu Art. 77, Anm. 4 zu Art. 88 S.140 und 150, und TRIEPEL, Archiv
für öffentliches Recht, Bd. 39 8. 482.
* Auf Grund des Art. 91 hat u. E. richtig die Reichsregierung als
solche wiederholt Verordnungen in Eisenbahnsachen erlassen, vgl. RGBl.
1920 S. 197, 1080. Unter Berufung auf Art. 56 und 77 hat dagegen z. B.
der Reichsarbeitsminister allein eine Bekanntmachung erlassen (RGBl, 1920
S. 312) und unter Berufung auf Art. 88 der Reichspostminister unzühlige
Verordnungen vgl. z. B. RGBl. 1919 S. 1604, 1703, 1725 ff., 2149; 1920