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schweigende Ermächtigung an den Verordnungsträger, über die
Verkündigungsart zu befinden, muß stets angenommen werden,
wenn über sie das Ermächtigungsgesetz nichts bestimmt, indem
die Verkündigung mit der Wirkung der Gemeinverbindlichkeit
eine Existenzbedingung jeder Rechtsverordnung ist. Daß gegen
die hier vertretene Auffassung sich vom praktischen Standpunkte
aus Bedenken geltend machen lassen, indem, wenn der Träger
des Verordnungsrechts den Ort der Verkündung seiner Verord-
nungen frei bestimmen und mit den Publikationsorganen auch
beliebig wechseln kann, die Rechtsuntertanen nicht in der Lage
sind, sich mit Sicherheit über das geltende Verordnungsrecht zu
orientieren, ist nicht in Abrede zu stellen. Allein diese Erwä-
gungen kommen doch nur de lege ferenda in Betracht und lassen
es im Interesse der Rechtssicherheit notwendig erscheinen, daß
die Verkündigung der Rechtsverordnungen im Reich und in den
Ländern gesetzlich geregelt wird; sie können aber nicht für die
Auslegung der lex lata maßgebend sein.
Ebenso wie die Verfassungsvorschriften über die Verkündi-
gung gelten auch die über das Inkrafttreten der Gesetze nicht
der Natur der Sache nach für die Reehtsverordnungen. Ist über
das Inkrafttreten dieser nicht ausdrücklich in der Verfassung ”®
oder dem Ermächtigungsgesetz etwas bestimmt, so hat der Träger
des Verordnungsrechts frei darüber zu befinden, wann die von ihm
erlassene Verordnung in Kraft treten soll; unterläßt er es, hierüber
Bestimmung zu treffen, so tritt die Verordnung mit dem Tage ihrer
Publikation in Kraft, d.h. mit dem Tage, an dem das Blatt, welches als
Publikationsorgan dient, ausgegeben wird oder an dem der öffentliche
Anschlag oder die öffentliche Verlesung der Verordnung stattfindet *!.
” Eine solche Bestimmung enthalten die Verfassungen Badens ($ 57
Abs. 3) und Braunschweigs (Art. 38 Abs. 2), nach denen die Verordnungen
des Staatsministeriums ebenso wie die formellen Gesetze zu verkündigen sind.
?ı Ebenso das oben Anm. 65 gen. Urteil des Reichsgerichts v. 29. Okto-
ber 1920; vgl. auch das Urteil v, 15. Juni 1921 (Juristische Wochenschrift
Jahrg. 50 S. 1308).