— 15 —
zwischen „allgemein“ und „speziell“ unmöglich ist ”*. Desgleichen
kann auch nicht angenommen werden, daß „allgemein“ so viel wie
„für das ganze Reich gültige“’5® Verwaltungsvorschriften bedeutet
und die Reichsregierung nicht befugt sei, auf Grund des Art. 77
Verwaltungsvorschriften zu erlassen, „wenn ein Reichsgesetz die
Berücksichtigung eigentümlicher Verhältnisse einzelner Staaten
vorschreibt oder zuläßt und zu dessen Ausführung Verwaltungs-
vorschriften ..... . erforderlich sind®,* Denn nach dem allge-
meinen Sprachgebrauch ist es zweifellos das gegebene unter einer
„allgemeinen“ Vorschrift eine Vorschrift zu verstehen, die materiell
eine allgemeine und keine spezielle Regelung enthält, nicht aber
ihr Wesen darin zu finden, daß sie für den ganzen Umfang eines
zusammengesetzten Rechtsgebiets und nicht nur für Teilgebiete
dieses erlassen ist. Will man dem Worte „allgemein“ eine Be-
deutung für den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung bei-
legen, so müßte eine dahingehende Absicht des Gesetzgebers nach-
weisbar sein, was nicht der Fall ist ”.
Die Ausführung der Reichsgesetze kann, je nachdem sie nach
Art. 14 der Reichsverfassung den Reichsbehörden oder den Lan-
desbehörden obliegt, sowohl den Erlaß von allgemeinen Verwaltungs-
vorschriften für die Reichsbehörden wie für die Landesbehörden
benötigen. Zum Erlaß aller hiernach erforderlichen Verwaltungs-
verordnungen wird die Reichsregierung in Satz 1 des Art. 77 nach
’* Ebenso AnscHÜürz a. a. O. Anm. 3 zu Art. 77, S. 140.
75 So ARNDT Komm. Anm. 2 zu Art. 77 (S. 135) unter Uebernahme
seiner Ausführungen zu Art. 7 Ziff. 2 der RV. v. 1871 (Reichsverordnungs-
recht S. 92; Komm. zur RV. v. 1871 (5) S. 108) und für die RV. von 1871
auch HAENEL, Staatsrecht, S. 288 f.
”* HaAENEL a. a. O. S. 289.
?" Wenn ARNDT und HAENEL a. a. O. bei der Auslegung des Art. 7
Ziff. 2 der RV. v. 1871 eine solche glaubten entnehmen zu können aus der
Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung, so ist diese Stütze ihrer Aus-
legung jetzt weggefallen. Die Entstehungsgeschichte des Art. 77 Satz 1
bietet gar keinen Anhaltspunkt für die von uns abgelehnte Bedeutung des
Wortes „allgemein“.