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System. Das Versagen gibt nach französischer Auffassung das
Recht auf Sanktionen, und diese Sanktionen schlagen die Brücke
für die imperialistische Rheinpolitik. Auf die Verwirklichung der
politischen Ruhr- und Rheinlandspläne ist alles Sinnen und Trach-
ten der Franzosen eingestellt. Auch die produktiven Pfänder, die
übrigens unter den Händen der Franzosen aufgehört haben zu
produzieren, sind nur Mittel zum Zweck.
Die frühere Annexionspraxis war humaner. Mit einer schmerz-
haften Operation, die direkt aufs Ziel losging, war alles über-
standen, und der verstümmelte Körper konnte sich erholen. Heute
aber, wo den Völkern ein Selbstbestimmungsrecht vorgespiegelt
wird, ist das Wort „Annexion“ verspönt, und man verfolgt eine
andere Methode. Ein Volk wird so lange zermürbt, bis es dem
Peiniger von selbst sozusagan als reife Frucht in den Schoß fällt.
Die heutige Annexionspolitik hat einen sadistischen Zug. Der Gang
nach Golgatha wird in Stationen zurückgelegt, denen man die Auf-
schrift geben kann: Wirtschaftliche und geistige Durchdringung,
Anbiederung, Einschüchterung, Autonomie, Losreißung, Anglie-
derung. Es handelt sich um eine schrittweise Abtrennung vom
Vaterland, um eine fortschreitende Anpassung an das siegreiche
Geistes- und Wirtschaftsgebiet. Am Einde steht die rechtliche
oder wenigstens tatsächliche Einverleibung.
Das Völkerrecht war die Blüte der Menschheitskultur. Es
verdankt der Kultur seinen Ursprung und vergalt das, indem es
die Kultur wieder stützte und förderte.
Aber Völkerrecht und Kultur befinden sich heute in der Rolle
eines Menschen, dem sein Todesurteil gesprochen worden ist. Die
Kultur steht an einem Wendepunkt.
Die Kulturwacht am Rhein und an der Ruhr ist in die Hände
der Schwarzen gelegt worden. Was das heißt, wird im besonderen
Amerika wohl zu würdigen wissen. Das Völkerrecht wird im Rhein-
und Ruhrgebiet im Namen des Völkerrechts mit Füßen getreten.
Wir haben den Frieden der Gewalt.