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festzustellen ist — nahezu Einhelligkeit in bejahendem Sinne°®. Was
die Frage der materiellen Verfassungsmäßigkeit von Reichsgesetzen
angeht, so hat das Reichsgericht?® „mit voller Bestimmtheit“ 3° die
richterliche Prüfungszuständigkeit anerkannt. Diese Stellungnahme
der Praxis, in der sich letzten Endes der Ausgang der theoretischen
Kontroverse auswirkt, läßt sich jedenfalls nicht ohne weiteres durch
den Hinweis entkräften, daß der Richter bei der Erweiterung seiner
Zuständigkeitsgrenzen zur Bedeutung eines politischen Machtfaktors
erstarkt und dementsprechend Richter in eigener Sache ist. In Zeiten
politisch entspannter Normallage wird nur der Verfassungstheoretiker
hinter der richterlichen Prüfungszuständigkeit Staatsgefährliches wittern.
Rechtsgutachten über die Stellung der dem
Eintritt in die Thüringer Kirche widerstreben-
den Kirchengemeinden inSchwarzburg-Rudol-
stadt *.
Von
OTTO KOELLREUTTER.
Am 2. Februar 1921 beschloß der Landeskirchentag der evangelisch-
lutherischen Landeskirche in Schwarzburg-Rudolstadt unter folgen-
den Bedingungen den Beitritt zur Thüringer evangelischen Landes-
kirche:
1. Der Bekenntnisgrund im Bereiche der Landeskirche in Schwarz-
burg-Rudolstadt bleibt durch die Gesetzgebung der Thüringer evan-
gelischen Kirche unberührt.
2. Auf die kirchliche Eigenart der Landeskirche in Schwarzburg-
Rudolstadt ist in der Verwaltung der Thüringer evangelischen Kirche
gebührend Rücksicht zu nehmen.
#: Ebenso BÜHLER a. a. O. Sp. 580; RGStr. 56, 179 ff. (ausführlich)
RGZiv. 103, 201 u. 104, 59 u. 66.
s5 RGZiv. 102, 164; ebenso — ohne es zu betonen — die Vorinstanz
OLG. Hamburg (Hans. Gerichtsztg. 1920 $S. 181).
8° Das stellt das Sächs. OVG. (27, 23) fest.
* Im Auszuge.