Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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keit und die Bedingungen des Austritts von Kirchengemeinden aus 
einer Kirche regelt. Denn Wesen und innere Organisation der Kirche 
bleiben von einer derartigen Regelung unberührt. In dieser Beziehung 
liegt der Fall m. E. nicht anders, als wenn der Staat den Austritt 
Einzelner aus der Kirche staatgesetzlich geregelt hat. Auch diese 
Regelung ist ein Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung des Ver- 
hältnisses von Staat und Kirche und der Eigenschaft der letzteren als 
öffentlich-rechtlicher Korporation. Es besteht aber kein Anlaß, die 
Gültigkeit der neuen Kirchenaustrittsgesetze in den Ländern (Preußisches 
Gresetz betreffend den Austritt aus den Religionsgesellschaften des öffent- 
lichen Rechts vom 30. Nov. 1920 (GS. 1921 S. 119), thüringisches 
Kirchenaustrittsgesetz vom 8. Juli 1922 (GS. 1922 8. 338) vom Stand- 
punkte der Reichsverfassung aus, irgendwie in Zweifel zu ziehen. 
Zwweifellos, weder kann der Einzelne aus einer politischen Gemeinde 
austreten ®!, noch kann die politische Gemeinde selbst aus dem Staate 
austreten. Denn die Gemeinden sind dem Staate eingegliedert, sie 
üben Staatstätigkeit wenn auch in mittelbaren Formen aus. Die 
Kirchen sind heute dem Staate nicht mehr ein- sondern nebengegliedert, 
sie sind nicht mehr Teil seines Wesens. Der Staat kann deshalb 
generell den Austritt aus der Kirche regeln, ohne daß sein Wesen und 
seine Existenz in Frage gestellt wird. Er ist nur, soweit eine ver- 
mögensrechtliche Regelung dabei in Frage kommt, verpflichtet, seiner 
Schutzpflicht, die ihm allen öffentlichen Verbänden gegenüber obliegt, 
eingedenk zu sein und muß die Verwendung des Vermögens für kirch- 
liche Zwecke sicherstellen ®2, 
„Wer den guten Tropfen genießt, genießt auch den schlechten“. 
Es ist nicht möglich, daß die Kirchen aus ihrer öffentlich-recht- 
lichen Korporationsstellung nur Rechte herleiten, ohne die Pflichten, 
die sich aus ihrer privilegierten Stellung ergeben, mitzuübernehmen. 
Wären die Kirchen Privatkorporationen, so würden sich diese Fragen 
allein nach Privatrecht regeln®. Da sie öftentliche Korporationen 
  
sı Vgl. oben S. 231. 
»2 Vgl. dafür auch das Verfahren bei der Trennung von Staat und 
Kirche in Wales, Jahrb. des öff. Rechts Bd. 11, 1922, S. 132. 
®® „Der Austritt aus einer Religionsgemeinschaft nicht öffentlichen 
Rechts ist nach den gemeinrechtlichen Grundsätzen des privaten Vereins- 
rechts zu beurteilen (HATSCHER, Deutsches und preußisches Staatsrecht, 
1922, Bd. 1, S. 225).
	        
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