— 2361 —
er die Stellung als Mitglied eines dieser Gerichte dem Mandat vorzieht, da
er in Wahrheit auch in dem ersten Falle zwischen beiden Stellungen wählt,
denn nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften hat er von einer un-
bedeutenden Ausnahme abgesehen (vgl. $ 23 ff. Wahlordnung zur Abgeord-
netenkammer) ebenfalls die Wahl, da niemand auf eine Kandidatenliste
gesetzt und daher niemand gewählt werden kann, der nicht schriftlich
hiezu seine Zustimmung gegeben hat.
Da Erstein zu all dem Angeführten auch noch die allerdings bisher
recht spärliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes
verarbeitet hat, wird die Studienausgabe für jeden Deutschen im Tsch8l.
Staate, der in das dort geltende Vfg.Recht tiefer eindringen will, unent-
behrlich sein, für die an den Verhältniseen in der TschSIR. interessierte
Wissenschaft des Auslandes aber einen willkommenen und wärmstens anzu-
empfehlenden Behelf darstellen, um sich daraus über das Vfg.Recht dieses
Staates verläßlich zu orientieren.
Berlin. Dr. jur. Franz Adler.
Josef L. Kunz, VölkerrechtswissenschaftundReineRechts-
lehre, Wiener staatswissenschaftliche Studien, Neue Folge, Band 3,
1923, 86 S.
Die Schrift stellt den Versuch einer Auseinandersetzung mit den
modernen rechtstheoretischen Strömungen dar. Im ersten Kapitel — „Rück-
kehr der modernen Jurisprudenz zur Philosophie“ — wird vor allem die
Tendenz der modernen Rechtstheorie zu radikalem Positivismus festge-
stellt, in einem zweiten Kapitel die „Verankerung der modernen Rechts-
theorie in der Philosophie als Wissenschaftslehre“ durch Vergleichung der
Gedanken moderner Erkenntnis- und moderner Rechtstheoretiker darge-
stellt in einem dritten Kapitel eine „methodologische Kritik der modernen
Rechtstheorie“, insbesondere der Thesen HoLp v. FERNECKs, SOMLÖS,
KeLsens und meiner Lehre versucht, in einem vierten Kapitel wird die
theoretische Völkerrechtswissenschaft vor dem Forum der reinen „Rechts-
lehre* geprüft und schließlich erörtert ein fünftes Kapitel „die Bedeutung
der Völkerrechtspolitik für die Entwicklung des Völkerrechts“, welch’
letzteres Kapitel mit seiner Forderung „internationaler Gesinnung“ freilich
nicht recht in den Rahmen „Reine Rechtslehre® hineinzupassen scheint.
Kunz’ Schrift scheint mir deshalb verdienstvoll nnd lesenswert zu sein,
weil sie dem Uneingeweihten einen gewissen Ueberblick über die große
rechtstheoretische Bewegung der Gegenwart gibt. Freilich vermißt man
völlig eigene und neue Aufstellungen Kunz’, so daß auch eine sachliche
Kritik an seiner Schrift kaum möglich ist. Einige Bemerkungen möchte
ich nur bezüglich der Einstellung Kuxz’ zur Philosophie machen. Er sagt:
„Und hier erscheint es an der Zeit, der jüngeren Juristengeneration zwei
Archiv des öffentlichen Rechte. N. F. 6. Heft 2. 18