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Abhandlungen.
Gibt es im geltenden Recht
noch „milde Stiftungen“ ?*!
Von
Landgerichtsrat Dr. BEHREND, Berlin.
Das Körperschaftssteuergesetz, dessen neue Fassung unter dem
8. April 1922 in Nr. 34 des vorjährigen RGBl. veröffentlicht wor-
den ist, rührt, vermutlich ohne dies zu wollen, vielleicht sogar
ohne es zu wissen, u. a. auch an tiefgründige Fragen des Stif-
tungsrechts. Nach $ 2 Ziff. 5 sind von der Körperschaftssteuer
befreit die „Personenvereinigungen und Zweckvermögen, welche
(sc. „nach der Satzung der Stiftung oder sonstigen Verfassung “!)
ausschließlich gemeinnützigen oder mildtäti-
* Die vorliegende Abhandlung stellt die nähere Untersuchung einer
Frage dar, welche bereits in meiner im neuesten (72.) Bd. der Jb. f.d. Dogm., ver-
öffentlichten Abhandlung über die „Dogmatik der Familienstiftungen“ kurz
berührt wurde, dort aber — zum Teil aus räumlichen Gründen — nicht
näher erörtert werden konnte. Das im Eingange des Textes genannte Gesetz
führt jetzt ihre praktische Bedeutung wieder besonders lebendig vor Augen.
Sie ist aber auch sonst nicht von der Hand zu weisen. Die Bezugnahmen
auf die mir in der Praxis bekannt gewordenen Fälle rühren aus meiner
langjährigen erst kürzlich zu Ende gegangenen Tätigkeit als Amts- und zu-
ma) auch Stiftungsrichter in Krossen a./O. (vgl. z. B. N. 24 a. E.) her.
!Redaktionsnote. Der Aufschub der Drucklegung dieser Ab-
handlung veranlaßte den Verfasser zu einer Ergänzung, welche der Abhand-
lung am Schlusse als „Nachwort“ angefügt wurde.
Archiv des öffentlichen Rschte. N. F. 6. Heft 3. 19