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allem beschäftigen sich ausdrücklich mit den milden Stiftungen;
unserer Zivilrechtskodifikation stehen sie zeitlich sehr nahe: das
preußische Gerichtskosten- und das preußische Stempelsteuergesetz.
Erstmalig kurz vor ihm und unter sich fast zu gleicher Zeit (am
25. Juni bzw. 31. Juli 1895) erlassen, haben sie auch sehr kurz
hintereinander, dieses am 26. Juni 1909, jenes am 25. Juli 1910
eine Neufassung erhalten, welche nicht zuletzt durch die Rechts-
entwicklung seit dem BGB. verursacht war. Die praktische Trag-
weite der mit ihnen vollzogenen gesetzgeberischen Stellungnahme,
deren Geltung bis in die unmittelbare Gegenwart hineinreicht,
liegt auf der Hand. Weniger erkannt und gewürdigt ist bisher
vielleicht die wissenschaftliche Bedeutung als Vorläufer der neue-
sten, die milden Stiftungen perücksichtigenden Reichsgesetze, jener
eingangs gedachten Kategorie, deren Bestimmungen ja, schon rein
materiell, für ihr Dasein so viel einschneidender sind. Deshalb
wohl sind gewisse tieferliegende feine Eigenarten der gesetzlichen
Behandlung der milden Stiftungen, welche den genannten beiden
Landesgesetzen eignen, anscheinend selbst ihren Hauptkommen-
tatoren, MÜGEL und LOECK-SEYFARTH, entgangen. Durch ganz
genaue Betrachtung dürfte sich bereits in ihnen eine leichte Un-
sicherheit hinsichtlich der begrifflichen Abgrenzung der Gattung
(der milden Stiftung) offenbaren. Beide erachten Einschränkungen
des Begriffs für unerläßlich, jedes von ihnen — was ebenfalls
sehr beachtlich — in verschiedener Art. Dem Preuß. Ger.K.Ges.
scheinen milde Stiftungen nur, „insofern solche nicht einzelne
Familien oder bestimmte Personen (!) betreffen oderin bloßen Studien-
stipendien bestehen (!!!)“, der Befreiung von Zahlung der Ge-
richtsgebühren wert; das Stempelsteuergesetz fordert für die gleiche
Wohltat auf dem von ihm geregelten Gebiete, daß die betreffen-
den Stiftungen „als milde ausdrücklich anerkannt sind“.
Das ist in Wahrheit überaus charakteristisch! Hier beginnt der
Abbau des Sonderbegriffs der milden Stiftungen. Im Gegen-
satze zu der naiven Unbefangenheit, mit welcher frühere Zeiten