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punktes, deren wenigstens dämmernde Erkenntnis und damit das
Streben nach einer richtigen, den Kern wirklich treffenden An-
schauung zum Ausdruck. Die Hebung der allgemeinen Lebens-
haltung gewisser sehr wichtiger Volkskreise (des „Arbeiter- und
Handwerkerstandes“) durch Schaffung zweckentsprechender W ohl-
fahrtseinrichtungen, welche unbestreitbar in dem vom Kammer-
gericht an jener Stelle erörterten Falle bezweckt war, wird zwar
als „wohltätig“ unumwunden anerkannt; daß diese Bestimmung zu-
reiche, den Zweck zu einem „mildtätigen“ zu erheben, aber ebenso
entschieden verneint. Der Satz: „denn Wohltaten kann jeder
empfangen (!), nicht allein der Bedürftige“, welcher diese Unter-
scheidung rechtfertigen sol, schwächt die Ausführungen des
Kammergerichts an der Wurzel ihrer Begründung. Nicht die Person
des Empfängers, sondern die Bestimmung der Zuwendung und zwar
die höhere allgemeinere, keineswegs die unmittelbare, nächstliegende
Bestimmung und deren Beschaffenheit muß den Ausschlag geben.
In gewissem Grade ist — was in dieser Entscheidung anschei-
nend unberücksichtigt geblieben —, dies schon früher auch dem
Kammergerichte selbst zum Bewußtsein gekommen : sein Beschluß
vom 31. Oktober 1904 (Bd. 28 S. 68) stellt, sorgfältig abwägend,
der Bedürftigkeit oder Hilfsbedürftigkeit, im engeren Sinn des
Mangelleidens, welches den davon Betroffenen von seinem „in
normalen Verhältnissen lebenden Standesgenossen* unterscheidet,
— jenem Falle, auf den allein die zuerst gedachte Entscheidung
näher eingeht —, eine „Hilfsbedürftigkeit im allgemeinen“ gegen-
über, welcher entgegenarbeiten alle Handlungen, die zum Besten
und Wohle „der Menschheit“ geschehen; im betonten Hinblick
darauf, daß das Preuß. Ger.K.Ges. selbst (in $ 8 Z. 2) „milde
Stiftungen“ kenne, die „in bloßen Studienstipendien bestehen“,
mit dem Zugeständnisse, daß „milde Stiftungen vorliegen, wenn
der Hauptzweck ein wohltätiger, auf die Unterstützung hilfs-
bedürftiger (!!) Personen gerichtet ist“ (sofern weiter „zur
Erreichung dieses Zweckes ein durch unentgeltliche Zuwendung