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zeitigt, zu befreiender Ueberwindung der starren einseitigen Be-
ziehung auf die „Hilfsbedürftigkeit* nicht geführt. Das beweist
in der an erster Stelle berücksichtigten Entscheidung (im 37. Bde.)
mit vollster Deutlichkeit die nachdrückliche Ablehnung der von
dem Oberverwaltungsgericht schon damals — vor mehr als einem
Jahrzehnt! — vertretenen Ansicht, daß der Begriff „des milden
Zweckes jeden wohltätigen Zweck (!) im weitesten Sinne
(!!) dieses Wortes in sich schließt.“ Vielmehr war das Kammer-
gericht in dem stetigen offensichtlichen Bestreben nach Einengung
unseres Grundbegriffs und der für ihn geltenden gesetzlichen, zu-
mal steuergesetzlichen Besonderheiten sogar über das von ihm
selbst wiederholt angerufene Reichsgericht hinausgegangen: denn
dieses hatte schon geraume Zeit vorher — in der Entscheidung
vom 16. Dezember 1891, Gruch. Beitr. Bd. 36 8. 1103 — mit
dem Satze, es sei „nicht erforderlich, daß der Zweck der Kran-
ken- oder Versorgungsanstalt ausschließlich darin bestehe,
der Notlage Hülfsbedürftiger zu steuern“, in sehr beachtlicher
Art einer freieren Behandlung die Wege geebnet. Mit der Zu-
lassung von Nebenzwecken — und zwar, wie aus dem Schwei-
gen des höchsten Gerichtshofes bedenkenfrei zu folgern, von
Nebenzwecken beliebiger Art — war hier, unbeschadet des „Haupt“-
charakters als milde Stiftungen und der in ihm begründeten Vor-
zugsstellung, nach der Seite einer Begünstigung und Förderung
auch anders gearteter, auf anderen Lebensgebieten sich bewegen-
der Bildungen praktisch viel mehr und Wichtigeres getan als mit
den über die Stufe von Erwägungen („rationes dubitandi“))
nicht hinausgewachsenen Betrachtungen des Kammergerichts. Im-
merhin geht es wohl nicht zu weit, wenn wir auch in letzteren,
in dem damit sich auswirkenden Suchen nach richtiger Erkennt-
nis und sachgemäßer Begriffsbildung und dem obzwar mehr nur
gelegentlichen Auftreten freierer Vorstellungen und Formulie-
rungen (wie z. B. in der vorerwähnten Entscheidung im 38. Bd.)
die Vorläufer, die tieferen Keime der Entwicklung erblicken, deren