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bildung nieht immer die erforderliche Abklärung besitzen!!. Da-
mit aber erlangt diese Definition eine wesentlich tiefere, über den
Rahmen des Sondergesetzes weit hinausgehende Bedeutung: wir
haben hier die interessante Erscheinung, daß ın der Formulierung
eines Rechtsbegriffes sieh ein Teil der Kämpfe wiederspiegelt,
welche grade in der Gegenwart unser Volksleben bis in seine
Wurzeln erschüttern, des Widerstreits zwischen der Gemein- und
der Einzelwirtschaft, den Gesamtinteressen der Allgemeinheit und
den Sonderinteressen des Individuums, — ja geradezu des Mühens
um die richtige Erfassung und Abgrenzung der so heiß umstrit-
tenen „Sozialisierung “!
Die dargelegte Entwickelung der Begriffsbildung und vor
allem der Abschluß, welcher in ihr erreicht worden ist, fordern
zu einer kritischen Stellungnahme heraus. Hat die ın der Recht-
sprechung höchster deutscher Gerichte festgestellte Bestimmung des
Begriffs der milden Stiftungen innere Berechtigung, entspricht sie
ferner auch den hier doch wohl kaum ganz außer acht zu lassen-
den volkstümlichen Rechtsansehauungen der Allgemeinheit, ist die
Scheidung und Gegenüberstellung von „mildtätig“ und „gemein-
nützig“ sachgemäß und vor allem erschöpfend, — welches ist das
innere Verhältnis der beiden Begriffe, und stehen alle diese juri-
stischen Aufstellungen mit dem geltenden gemeinen Reichs-
rechte, zumal dem BGB., noch wahrhaft ım Einklange? Diese
und zahlreiche andere Fragen drängen sich geradezu auf. Es
mag voraufgeschickt werden, daß die meisten von ihnen uns der
Verneinung bedürftig erscheinen. Vor allem die erste: daß die
Instanzen, welche in konstanter, ja, wenn man will, in seltenem
Grade sich gleichbleibender Praxis dem Begriffe der „milden
Stiftung“ durch das entscheidende Merkmal einer „Unterstüt-
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11 Dies, und dies allein, ist auch ganz klar der Standpunkt des BGB,.,
der Grundgedanke aller seiner Einzelbestimmungen. Vgl. die am Schlusse
von N; 37 wiedergegebene Bemerkung GREIFFs zu den Beratungen der
IL Kommission.