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begründeten) Anspruch haben, zuteil werden, können, ja müssen
die Ansichten divergieren. Zumal in Zeiten so grundlegender
Umstellungen wie der gegenwärtigen. Der Standpunkt, welchen
der einzelne Beurteiler in politischen, allgemeinsozialen und ethi-
schen Dingen einnimmt, ja selbst die reine „ Weltanschauung“ spielt
hierbei eine Rolle. Anhänger humanitärer Tendenzen, wie sie
den Strafvollzug z. B. in Amerika schon längere Zeit beherrschen,
würden einer Stiftung, die etwa Strafgefangenen nicht bloß Er-
leichterungen, sondern geradezu Annehmlichkeiten, z. B. den Ge-
nuß edler Musik oder leichtere harmlose gesellschaftliche Ver-
gnügen bieten will, gewiß rückhaltlos Förderung zugestehen,
Vertreter strenger puritanischer Vergeltungsanschauungen Unter-
nehmen dieser Art erbittert bekämpfen. — Die Unterstützung un-
ehelicher Mütter und soleher Mädchen, die dies zu werden im
Begriffe stehen, ja auch diejenige der unehelichen Kinder selbst,
wird zwar von den Aposteln eines weitgehenden „Rechts auf
Mutterschaft“ (des Mutterschutzes in diesem Sinne) mit Freuden
begrüßt, — von denen aber, welche in dieser Richtung und den
betreffenden Erscheinungen des Volkslebens mehr nur eine Gefähr-
dung der allgemeinen Moral und höchster gesellschaftlicher Grund-
lagen wie der Familienreinheit sehen, gemißbilligt, jedenfalls nicht
begünstigt werden 2°. Die Denkmalspflege für im Kriege Gefallene
und dieser geltende hochherzige Zuwendungen mögen den Freunden
„nationaler“ Ideen und so gearteter politischer Bestrebungen, im
eigentlichsten Sinne, als „Wohltaten“ gelten, die einer gerade jetzt
30 Der ersteren Richtung neigen ausgesprochenermaßen die beiden
neuesten R.Ges. von ausgesprochener sozialer Art zu: das Gesetz über
die Wochenbilfe vom 9. Juni d. J. und dasjenige über die Wochenfürsorge
vom gleichen Tage beide veröffentlicht in Nr. 41 des vorjährigen Reichs-
gesetzblattes. — Umgekehrt wollte eine (kürzlich aus amtlicher Veran-
lassung mir vorgelegte) Stiftung aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts aus-
drücklich nur einwandfrei „tugendlichen und anerkannt sittlichen Jung-
frauen des Kirchenspiels L.“ vor und bei ihrer Verheiratung gewisse Geld-
unterstützungen zuwenden.