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festgelegt ist. Dieses sog. „Bitt- und Beschwerderecht“ bedeutet
ın. E. nichts anderes als einen Ausfluß der natürlichen Handlungs-
freiheit, der irgendeiner rechtlichen Anerkennung überhaupt nicht
bedarf?!. Keinesfalls aber ist damit ein subjektives öffentliches
Recht eines einzelnen verbrieft, weil auch in seiner Person kein
Forderungsrecht auf Sachbehandlung und Antworterteilung wurzelt.
Der Verletzte kann sich demnach unter diesen Verhältnissen so-
wohl an bayerische wie an Reichsbehörden, dann an den Landtag
oder den Reichstag wenden.
Mit einer solchen Eingabe wird zuweilen die Ausübung
der Reichsaufsicht nach Art. 15 und 48 der Reichsver-
fassung bezielt und erreicht werden, da es sich hier um eine An-
gelegenheit handelt, in der dem Reich das Recht der Gesetzgebung
zusteht, wozu auch die Auslegung der in der Reichsverfassung
aufgestellten sogenannten „Grundrechte“ gehört, also um den Voll-
zug von Normen, die schon in der Reichsverfassung festgelegt
sind (vgl. auch Art. 15 II der Reichsverfassung) ??”. Das weitere
Verfahren richtet sich dann nach Art. 15 III daselbst. Eine Strei-
tigkeit zwischen Reichsregierung und Landesregierung oder zwischen
sonstigen Ööffentlich-rechtlichen Organen darüber, ob und inwieweit
Art. 11 des bayer. Beamtengesetzes mit Art. 118 I der Reichs-
verfassung vereinbar ist, könnte auch ohne Dazwischentreten der
Reichsaufsicht auf dem Weg des Art. 13 II der Reichsverfassung
zur Entscheidung gebracht werden.
Eine Eingabe gemäß Art. 126 der Reichsverfassung bietet
aber auch die Möglichkeit, in den gesetzgebenden Körperschaften
und zwar in Bayern Auskunft gemäß $ 65 der bayer. Verfassung
vom zuständigen Minister zu verlangen, sei es nun in der Form
der sogenannten „kurzen Anfrage“ nach $ 20 der Geschäfts-
21 A.M.GEORG JELLINEK, ebendaS. 131/132: „Recht der Bitte“, „Interessen-
beschwerde“, „Antwortpflicht der Behörden“, aber „kein Rechtsanspruch
auf Gewährung“ der Bitte; BÜHLER, a. a. O. S. 160/161.
”2 PıLoTy, Die bayer. Verfassungsurkunde, 1919, Anmerkung 2 zu $ 93.