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sich in dem Bd. 2 8. 257 veröffentlichten Erkenntnis u. a. mit der
Frage, welche Wirkung die nach Entstehung des Steueranspruchs, aber
vor Vereinnahmung der Steuer erfolgte Abtretung eines Gebietsteils
an Polen hat; die als Vorinstanzen tätig gewesenen Steuerämter haben
durch die gemäß des Friedensvertrags eingetretene Veränderung der
Staatshoheit als deutsche Behörden zu bestehen aufgehört. Aus diesem
Umstand allein folgt aber nach Meinung des erkennenden II. Senats
noch nicht die absolute Unzuständigkeit des RFH.s als Rechtsbeschwerde-
instanz. Da der fragliche Steueranspruch gegen den unter deutscher
Staatshoheit gebliebenen Steuerschuldner, den Landarmenverband West-
preußen, noch besteht, so bedarf es zur Beantwortung der Zuständig-
keitsfrage lediglich der Prüfung, ob der in der Rechtsmittelentschei-
dung enthaltene Verwaltungsbefehl, gleichgültig an wen unter den
möglichen Adressaten er sich richtet, auf jeden Fall ausführbar er-
scheint. Dies bejaht der RFH. nach eingehender Würdigung der
rechtlichen und tatsächlichen Lage, obwohl sich gewisse Schwierigkeiten
daraus ergeben können, daß die Zustellung an den Pflichtigen nicht
unter den gewöhnlichen Formen möglich ist, sein Vermögen zum
größten Teil in Polen gelegen ist und bei Rückverweisung erst eine
deutsche Instanz zur erneuten Entscheidung vom Reichskommissar ge-
schaffen werden müßte. In dem hier behandelten Falle dürfte gegen
die schon in früher besprochenen Urteilen zutage getretene Tendenz des
II. Senats, Aenderungen der formellen Rechtsvoraussetzungen bei
schwebendem Verfahren möglichst geringe Bedeutung beizumessen,
nichts einzuwenden sein.
Die Rechtsfragen, welche sich aus der Aenderung der den mate-
riellen Steueranspruch begründenden Normen ergeben, scheinen nach
der bisherigen Rechtsprechung des RFH.s einfacher zu lösen sein, als die
bisher behandelten Verfahrensfragen. Nach Abschluß der Verwirk-
lichung des Steuertatbestandes vermag eine Aenderung des materiellen
Rechts (wenn sie nicht mit rückwirkender Kraft ergeht) keinen
Einfluß mehr auf den Bestand oder Umfang des Anspruchs auszuüben:
Daher bedarf es im Einzelfall lediglich einer Untersuchung der Frage:
wann ist die für den Anspruch entscheidende Tatbestandshandlung
vollzogen worden und welches Recht galt zu diesem Zeitpunkt? Eine
Antwort hierauf ist freilich nicht immer ohne weiteres gegeben;
namentlich das Zollrecht, das ja besonders starker Normenänderung
ausgesetzt ist, bietet interessante Einzelfälle: Nach $ 9 Abs. II
Ver.Zoll.Ges. ist Anmeldung oder Gestellung zur Abfertigung