Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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diese Stellungnahme weniger Sache der juristischen Logik als des 
rechtspolitischen Willens sei!?. Es bleibe hier dahingestellt, ob sich 
für das Prüfungsrecht nicht auch vom formaljuristischen Standpunkt 
aus überzeugende Gründe anführen ließen; seine Inanspruchnahme 
durch das oberste Finanzgericht muß auf jeden Fall begrüßt werden. 
Sein Standpunkt entspricht dem grade im Steuerrecht hervortretenden 
praktischen Bedürfnis, denn dem Steuerpflichtigen ist bei der heutigen 
Unsicherheit in der Gesetzesarbeit besser damit gedient, wenn seine 
ernsthaften (!) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit steuerrecht- 
licher Normen gewürdigt werden, als wenn das Gericht kurzerhand 
erklären würde, mit derlei Vorbringen habe es sich nicht zu befassen. 
Wenn der angeführte Satz (Bd. 5 S. 334) also wirklich eine eindeutige 
Bejahung des richterlichen Prüfungsrechts durch den RFH. enthält 
(und ich bin geneigt, ihn dafür anzusehen), so hat das oberste Steuer- 
gericht damit den Weg beschritten, der jedenfalls für das von ihm zu 
bearbeitende Rechtsgebiet und unter Berücksichtigung der heutigen 
Verhältnisse der allein gebotene erschien. 
Bejaht somit der RFH. das Recht und die Pflicht des Richters, 
Gesetze auf ihre Uebereinstimmung mit der Verfassung hin nachzu- 
prüfen, so läßt diese freie Stellungnahme von vornherein vermuten, 
daß die Steuergerichte und insbesondere der RFH. selbst das Recht 
für sich in Anspruch nehmen dürfen, auch Verordnungen (im 
weitesten Sinne) auf ihre Uebereinstimmung mit den Gesetzen hin zu 
prüfen und einem Rechtssatz, der einer solchen Prüfung nicht standhält, 
die Anwendbarkeit zu versagen, mögen auch die Verwaltungsbehörden 
verpflichtet sein, ihn als sie bindende Anweisung anzusehen und als 
solche zur Anwendung zu bringen. Tatsächlich hat auch der RFH. 
in einer ganzen Reihe von Entscheidungen die Rechtsgültigkeit von 
Verordnungen aller Art untersucht und in mehreren Fällen angeb- 
lichen „Rechtssätzen* die Anerkennung abgesprochen. Bevor zu den 
Urteilen dieser staatsrechtlich sehr bedeutsamen Gruppe von Erkennt- 
nissen im einzelnen Stellung genommen wird, soll kurz festgestellt 
werden, in welcher Richtung sich die Ueberprüfung von Verordnungen 
vorzugsweise bewegen kann: Die erste Frage muß in jedem Falle 
lauten: bestimmt die Verordnung überhaupt etwas, was nicht schon 
12 Vgl. die methodologischen Ausführungen THoMas a. a. O. S. 272 
und TrıieprEis Arch. d. öff. R. Bd. 39 S. 536 ff.; Streitigkeiten zwischen 
Reich und Ländern S. 92, Anm. 2,
	        
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