Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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den Vordergrund, daß die Rechtsverordnung als „Rechtsnorm“ geeignet 
ist, auch den Verwaltungsrichter zu binden (und nicht bloß dem 
Untertanen Rechte zu verleihen und Pflichten aufzuerlegen) während 
die Verwaltungsverordnung als allgemeine „Anweisung“ i. S. des 
8 13 AO. diese bindende Kraft nicht besitzt und daher, wenn sie 
etwas enthält, was über den Inhalt des Gesetzes hinausgeht, für die 
Entscheidung der mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestatteten Be- 
hörden unbeachtlich ist. Bei der Scheidung von Rechtsnorm und 
Anweisung geht der RFH. aber stets auf die Gesichtspunkte zurück, 
welche die Wissenschaft für die Differenzierung von Rechtsverordnungen 
und Verwaltungsverordnungen aufgestellt hat. — Die für das Finanz- 
recht bedeutsamen Verordnungen namentlich die Ausführungsbestim- 
mungen fußen in den weitaus meisten Fällen auf einer speziellen 
Ermächtigung; nur in einem einzigen Erkenntnis beschäftigt sich der 
IV. Senat mit der Frage, ob dem Bundesrat nach der alten RV. ins- 
besondere nach Art. 7 Z. 2, dem Reichsrat oder der Reichsregierung 
nach der neuen Reichsverfassung insbesondere nach Art. 77 ein selb- 
ständiges Recht zum Erlaß von Rechtsverordnungen zuzubilligen 
sei. Beide Fragen werden verneint. Die auch früher nur vereinzelt 
vertretene, aber kaum haltbare Meinung, dem Bundesrat sei nach 
seiner allgemeinen Rechtsstellung im Reiche ein selb- 
ständiges Verordnungsrecht zuzuerkennen, wird kurz unter Berufung 
auf das Zeugnis LABanns (StR.°® II S. 91) abgetan; aber auch Art. 7 
7.2 a. RV. hält der RFH. nicht für ausreichend, „die Befugnis des 
Bundesrats zur Setzung von Rechtsnormen“ zu begründen; unter den 
dort genannten „allgemeinen Verwaltungsvorschriften“ seien nur „Ver- 
waltungsanordnungen“ zu verstehen, „also Anordnungen, die das Ver- 
halten der Behörden bei der Ausführung regeln, den Steuerpflichtigen 
aber keinen Rechtsanspruch gewähren oder Verpflichtungen begründen.“ 
Bei der Literaturanführung zur Begründung dieser Ansicht, über die 
sich nach der alten RV. m. E. sehr wohl streiten ließ, vermißt man 
eine Auseinandersetzung mit der entgegengesetzten Lehrmeinung, 
namentlich mit Anscuütz (bei Mever-Anscuürz”? S. 707 Anm. 13). 
Auch nach neuem deutschem Staatsrecht erkennt der RFH. weder 
dem Reichsrat noch der Reichsregierung ein selbständiges Verordnungs- 
recht ohne Delegation zu: „Die neue Reichsverfassung enthält über 
den Erlaß von Rechtsverordnungen keine allgemeinen Bestimmungen. 
Damit ist stillschweigend ausgesprochen, daß die Befugnis zu deren 
Erlaß anderen Organen als dem Reichstag nur kraft ausdrücklicher
	        
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