Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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betrachtet er es als seine Aufgabe, „dem Gesetz selbst gegenüber der 
rechtsirrigen Auslegung desselben durch die Ausführungsbestim- 
mungen Geltung zu verschaffen“ (I. Senat, Bd 6 S.215 ähnlich V. Senat 
Bd. 7 8. 66 f.). Versucht eine Rechtsverordnung eine Auslegung von 
Gesetzesbestimmungen durch Anführung von Beispielen zu geben, die 
in der irrigen Voraussetzung gewählt sind, der Beispielfall sei ein 
solcher des Gesetzes, so ist die Verordnung insoweit als rechtsun- 
gültig zu behandeln (II. Senat Bd. 7 8. 124). Auslegungsgrund- 
sätzen eines einer einwandfreien Auslegung fähigen Gesetzes 
kommt im allgemeinen nicht die „Natur einer bindenden Rechts- 
norm“ zu (Sinn des etwas schwer verständlich gefaßten Urteils des 
V. Senats Bd, 9 8. 221, in der Sache übereinstimmend der II. Senat 
Bd. 10 8. 76 passim). Andrerseits erkennt aber der Gerichtshof 
(V. Senat Bd. 7 S. 297) ausdrücklich den möglichen Rechtsver- 
ordnungscharakter von Auslegungsverordnungen an: „Soweit es sich 
um die Abgrenzung des im Gesetze selber festgelegten Merkmales 
handelt ...., haben die Ausführungsbestimmungen . . . . bin- 
dende Kraft für die Steuergerichte nur insoweit, als bei freier 
Auslegung Zweifel möglich sind, die durch authentische Inter- 
pretation des Gesetzes nach der einen oder anderen Seite hin be- 
seitigt werden können.“ 
Die Rechtsprechung des RFH. scheint bisher der Rechtsverord- 
nung nicht günstig zu sein, jedenfalls soweit sie auf allgemeinen Er- 
mächtigungen beruht. Allerdings kennt das neue deutsche Steuerrecht 
eine Bestimmung, deren Charakter als Ermächtigung zu Rechts- 
verordnungen auch der RFH. stets uneingeschränkt zugesteht: den 
8108 Abs. II AO. Dieser Paragraph gibt dem Reichsfinanzminister 
das außerordentliche Recht, mit Zustimmung des Reichsrats die Ge- 
setze für Fälle bestimmter Art aus Billigkeitsgründen abzuändern. 
„Die so erlassenen Bestimmungen haben Gesetzeskraft“ (Bd. 7 S. 66; 
übereinstimmend Bd. 7 8. 92; Bd.8 8.48). Freilich können Erlasse 
der Exekutivorgane, mögen sie nun auf $ 108 Abs. II oder einer 
Spezialdelegation beruhen, nur dann Anspruch auf Beachtung durch 
die Steuergerichte erheben, wenn sie auch in formeller Beziehung 
den billigerweise zu stellenden Anforderungen genügen; und in dieser 
Hinsicht legt der RFH. mit Recht einen strengen, wenn auch nicht 
übertriebenen Maßstab an. Vor allem muß bei jeder Rechtsverord- 
nung dieser Art „deutlich ersichtlich sein“, auf welche Ermächtigung 
sie sich stützt. Nicht als ob das Ermächtigungsgesetz jedesmal aus-
	        
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