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mit der Verfassung nicht in notwendigem Zusammenhang standen,
erledigte, so namentlich die schon in Vorbereitung befindlichen Steuer-
gesetze.“ Die Zuständigkeit der Nationalversammlung zum Erlaß der
in Zweifel gezogenen Steuergesetze ergibt sich aber nach den Aus-
führungen des Senats ohne weiteres aus Art. 180 n. RV. in Verbin-
dung mit Artt. 8 und 84. Die Nationalversammlung galt zur Zeit
der Verabschiedung der AO. und des Kr.Abg.G. als Reichstag
und konnte daher auch dessen verfassungsmäßige Kompetenzen wahr-
nehmen. — Bedeutsamer ist die zweite Verfassungsentscheidung (IV.
Senat Bd. 7 S. 97 ff.), die sich mit Einwendungen gegen das Gold-
zollgesetz aus den Artt. 151, 82 und 4 n. RV. befaßt. Mit vollem
Recht wird hier zunächst abgelehnt, aus dem „Grundrecht“ der „Wirt-
schaftsfreiheit“ (Art. 151) begründete Bedenken gegen die Verfassungs-
mäßigkeit eines einzelnen Reichsgesetzes überhaupt herleiten zu
können; abgesehen davon, daß die Freiheit von Handel und Gewerbe
nur „nach Maßgabe der Reichsgesetze“ gewährleistet sei, sei die Norm
des Art. 151 an sich ungeeignet für eine solche Prüfung, weil sie
(nach übereinstimmender Ansicht in Wissenschaft und Praxis) nur eine
„Richtschnur für künftige Gesetzgebung“ darstellen soll. — Auch aus
Art. 82, nach dem Deutschland ein einheitliches Zoll- und Handels-
gebiet bildet, seien Bedenken gegen das Goldzollgesetz nicht herzu-
leiten; dieses Gesetz sollte nach dem eindeutigen Willen des Ge-
setzgebers für ganz Deutschland gelten und hätte auch (trotz der wenig
durchdachten Bedenken, die der Beschwerdeführer aus Artt. 42 ff. der
Haager Landkriegsordnung herleitet) für ganz Deutschland, einschließ-
lich der besetzten Gebiete, erlassen werden können. Der Umstand,
daß das Goldzollgesetz vorübergehend im Rheinland tatsächlich nicht
galt (d.h. nicht zur Durchführung gebracht werden konnte), sei
kein Verstoß gegen Art. 82 n. RV., denn die grundsätzliche Einheit
des deutschen Zollgebietes habe durch die vorübergehenden Maßnahmen
der feindlichen Mächte nicht aufgelöst werden können. Ueberdies sei
der Widerspruch der Entente gegen das Goldzollgesetz von Deutschland
niemals als berechtigt anerkannt worden; fortgesetzte Bemühungen der
deutschen Regierung haben ihn noch vor Ablauf der Waffenstillstands-
verhandlungen beseitigt; damit versage auch die Berufung auf Art. 4
n. RV., denn ein von Deutschland nicht anerkannter völker-
rechtlicher Widerspruch gegen ein deutsches Gesetz sei keinesfalls
als „allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts“ zu werten; somit
sei nicht einmal die Voraussetzung des Art. 4 erfüllt.