Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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bindlichkeit für die Staatsangehörigen und -behörden ergibt sich nicht 
ohne weiteres aus seiner völkerrechtlichen Gültigkeit, sondern ist nur 
nach Maßgabe des Staatsrechts der einzelnen beteiligten Staaten zu 
beurteilen.“ Ich habe die vorstehenden Sätze (die der RFH. nicht 
mit Literaturbelegen begründen zu müssen glaubt) wörtlich wieder- 
gegeben, weil sie beweisen, wie stark die Ausführungen TRIEPELS?” 
über die noch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ganz unge- 
klärte Lehre über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht die 
neue Rechtsprechung beeinflußt haben. Die Entscheidung scheint mir 
juristisch einwandfrei zu sein, obwohl das Ergebnis vom Standpunkt 
der völkerrechtlichen „Vertragstreue“ des Deutschen Reiches aus kaum 
voll befriedigt. 
Die bisher behandelten Erkenntnisse des obersten Steuergerichts 
betrafen fast sämtlich Fragen, in denen das Finanzrecht unter den gegen- 
wärtigen Verhältnissen die Staatsrechtswissenschaft führend zu beein- 
flussen berufen erscheint; die Vereinbarkeit zweier Normen miteinander, 
auf die es in den bisherigen Untersuchungen in irgendeinem Sinne 
stets ankam, ist nirgends von so ausschlaggebender Bedeutung, wie 
gerade im Steuerrecht, dessen gesetzliche Grundlage an irgendeiner 
Stelle täglich wechselt und in dessen Bereich die verschiedenartigsten 
Normen um ihre Anwendbarkeit kämpfen. — Nicht bei jedem Fragen- 
komplex des Staatsrechts kann die Rechtsprechung des Reichsfinanz- 
hofs die gleiche führende Rolle spielen. Zahlreiche steuerrechtliche 
Entscheidungen haben zwar staatsrechtliche Erörterungen (im engeren 
Sinn) irgendwie zur Voraussetzung, meistens bedarf es aber dabei nur 
eines Besinnens auf bereits feststehende Grundsätze, ohne daß der 
Finanzbeamte oder -richter berufen wäre, zu den aufgeworfenen Pro- 
blemen selbständig Stellung zu nehmen. 
Die Bedeutung der Staatsangehörigkeit ist für das mo- 
derne Steuerrecht verblaßt; die mehr von tatsächlichen Merkmalen 
ausgehenden Begriffe des Wohnsitzes, Aufenthaltes, der gewerblichen 
Niederlassung, der Belegenheit eines Grundstückes im Inland u. ä. sind 
in den neueren Gesetzen entscheidend für die persönliche Steuerpflicht 
geworden, die früher vor allem nach dem Gesichtspunkt der Staats- 
angehörigkeit bestimmt wurde. Trotzdem hat sich der RFH. (nament- 
lich in den früheren Bänden seiner Entscheidungen) mehrfach gezwun- 
gen gesehen, auch die Zugehörigkeit der steuerlich Inanspruchgenom- 
»: TprmpeL, Völkerrecht und Landesrecht 1899; vgl. namentlich S. 115 fi.
	        
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