Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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gleichgültig sein??®. — Ueberhaupt bedarf es zur Auslegung staats- 
rechtlicher Begriffe im Bereich der Finanzgesetzgebung häufig eines 
Besinnens auf den besonderen Zweck der staatsrechtlichen Institution ; 
das zeigt deutlich folgender Fall: Ein Finanzamt hatte den Erwerb 
von Teppichen auf einer Versteigerung im Gebäude der früheren rus- 
sischen Gesandtschaft zur erhöhten Umsatzsteuer deshalb herangezogen 
„weil die Teppiche aus dem wegen seiner Exterritorialität als Ausland 
anzusehenden Gebäude ins Inland verbracht worden seien“ (817 Nr. 3). 
Der RFH. verwirft Bd. 8 8. 280 diese Begründung als rechtsirrig 
mit ausdrücklicher Betonung des Zwecks der Vorschrift und dem Hin- 
weis auf die unmöglichen Folgen (die auf Grund der Stadteinkäufe 
des Personals in das Gesandtschaftsgebäude geschickten Waren müßten 
als Umsätze ins Ausland steuerfrei bleiben!),,. Das genügt aber m. E. 
vollkommen, um den Auslegungsfehler darzutun; die staatsrechtliche 
Deduktion „das Reichsgebiet besteht nach Art. 2 RV. aus den Ge- 
bieten der deutschen Länder; demnach gehört auch ein in einem deut- 
schen Lande liegendes Gesandtschaftsgebäude zum Reichsgebiet, also 
zum Inland“ ist ein unbefriedigender Zirkelschluß, denn es wäre ja 
erst nachzuweisen, ob das exterritoriale Gebäude wirklich zum „Ge- 
biet* eines deutschen Landes gehört. 
Die Deutschland durch den Versailler Vertrag auferlegten 
Gebietsabtretungen haben eine ganze Anzahl steuerrechtlicher Probleme 
aufgerollt. Schon die bevorstehende Lostrennung von deutschen 
Gebietsteilen hat dem RFH. mehrfach Gelegenheit zum Eingreifen 
gegeben, vor allem, um die sog. „Abtretungsschiebung“ zu 
verhindern: intelligente Steuerzahler versuchten vielfach den großen 
Nachkriegsabgaben dadurch zu entgehen, daß sie ihren Wohnsitz in 
ein Gebiet verlegten, dessen Loslösung vom Reichsverbande demnächst 
zu erwarten stand. Dem ist der RFH. in allen Fällen energisch ent- 
gegengetreten; er hat die von solchen Personen geforderten Sicher- 
heitsleistungen für gültig erklärt, weil „die Verlegung des Wohnsitzes 
in ein durch den Friedensvertrag von der Abtretung bedrohtes Gebiet 
eine Tatsache sei, welche die Annahme der Steuerflucht rechtfertigt“ 
(Bd. 2 S. 61, 129; Bd. 3 S. 57, 62). Auch der bloße Erwerb von 
Grundbesitz in einem solchen Gebiet genüge zu dieser Annahme (Bd.2 
S. 233). Freilich sei die Wohnsitzverlegung in ein mit der Abtretung 
bedrohtes Gebiet nicht als Wohnsitzverlegung ins Ausland anzu- 
3 Richtig auch Porırz Kom. z. Ums,St.Ges. 1919 Bd. I. 8. 231; 
Anm. VIlb zu$8221.
	        
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