Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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mente, und deshalb beschäftigte diese Frage wiederholt die Volks- 
vertretungen der einzelnen Länder. 
Das preußische Abgeordnetenhaus sah im allgemeinen 
— ebenso wie der Reichstag —- davon ab, selbständig oder gar 
im Widerspruch mit der Regierung in das Budget einen Ausgabe- 
posten neu einzusetzen oder eine von der Regierung vorgeschlagene 
Ausgabeposition zu erhöhen °”. Jedoch nahm auch hier die Mehr- 
heit der Abgeordneten dieses Recht für sich in Anspruch®, und 
tatsächlich sind auch hin und wieder Ausgabepositionen von dem 
Landtag in den Etat neu eingestellt worden”. Allein ein derartiges 
Vorgehen des Landtages war sehr selten, und es waren stets ganz 
unbedeutende Summen, um die der Landtag Ausgabepositionen 
erhöhte. 
Interessant ist übrigens, daß als im Jahre 1917 die Regierung 
dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegte, auf Grund dessen das 
Wahlrecht zum Abgeordnetenhaus demokratisiert werden sollte, 
der Regierungsentwurf dem Artikel 62 folgenden Absatz hinzu- 
fügen wollte?®: „In den Staatshaushaltsetat können Ausgaben, die 
im Entwurf nicht vorgesehen sind, oder Erhöhungen von Aus- 
gabeposten über den Betrag der von der Staatsregierung vorge- 
schlagenen Summe von der zweiten Kammer ohne Zustimmung 
der Staatsregierung nicht eingesetzt werden.“ Wenn die Begrün- 
dung zu diesem Entwurf sagte: „Der neue Absatz 4 gibt nur ın 
Preußen, wie allgemein, bestehendes ungeschriebenes Recht wie- 
  
  
30 A. PLATE, Die Geschäftsordnung des Preuß. Abgeordnetenhauses 
2. Aufi. Berlin 1904. 8 17 Anm. 48 u. 49. 
sı Vgl. z.B. die Sitzung vom 5. 3. 1883, wo diese Frage sehr ausführ- 
lich besprochen wurde: WINnDTHoRsT S. 1155, v. BENNIGSEN 8. 1159 f., 
RıicKkErrT S. 1162. 
%2? So wurde z. B. trotz Widerspruchs des Landwirtschaftsministers 
vom Abgeordnetenhaus im Jahre 1910 der „Fond zur Förderung der Land- 
und Forstwirtschaft in den westl. Provinzen“ um 30000 M. erhöht. Vgl. 
Abgeordnetenhaus sten. Ber. 29. 1. 1910, S. 868, 870, Drucks. Nr. 83. Vgl. 
ferner sten. Ber. 3. 2. 08 S. 1510 ff, 10. 3. 08 S. 3576 £., Drucks. Nr. 157. 
*3 Drucks. Nr. 698 S. 4405.
	        
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