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der*®®, so war das nicht ganz richtig, denn das Recht, Aus-
gabepositionen zu erhöhen oder neu einzusetzen, hatte das Abge-
ordnetenhaus, es machte von diesem Rechte nur selten Gebrauch.
Der Hauptgrund für die Einführung dieser Bestimmung in den
Entwurf war wohl „die Befürchtung, daß die ständige Uebung
des bisherigen Abgeordnetenhauses von der neugestalteten Zweiten
Kammer nicht ohne weiteres anerkannt werden könnte“ ®, Diese
Bestimmung wurde übrigens infolge der Verschleppung der Wahl-
rechtsvorlage durch beide Kammern des Landtags und infolge der
Revolution nicht mehr Gesetz.
In der Theorie wurde die Frage, ob das Abgeordnetenhaus
das Recht der Ausgabeinitiative hätte, nicht besonders behandelt,
sondern nur allgemein anerkannt, daß dem Abgeordnetenhaus ein
Initiativrecht bei Finanzgesetzen zustände.
Das Herrenhaus besaß dagegen — nach der herrschenden °®,
auch von Regierung ®” und Abgeordnetenhaus °® geteilten, Ansicht —
kein Initiativrecht bei Finanzgesetzen, obwohl es ein solches Recht
für sich in Anspruch nahm °®®. Das folgt (wenigstens für das
Budget) aus der Tatsache, daß das Staatshaushaltsgesetz vom
Herrenhaus nur im ganzen angenommen oder abgelehnt werden
konnte, ferner ergibt sich das aus der ratio des Art. 62 Abs. 3
PrV. Denn wenn dort bestimmt war, daß Finanzgesetzentwürfe
und Staatshaushaltsetats zuerst der zweiten Kammer vorzulegen
seien, so hatte das seinen Grund darin, daß man vor allem im Ab-
geordnetenhaus die Vertretung der Steuerinteressen des Landes sah.
Und schließlich wäre es’ doch ein merkwürdiger Widerspruch, daß
das Abgeordnetenhaus sich zwar hätte weigern müssen, vom Herren-
8% Drucks. Nr. 698 S. 4406.
85 Drucks. Nr. 881 A S. 5872.
s6 Vgl. hierüber MEYER-AnSCHÜTZ a. a. O, S. 660 und die dort in
Anm. 7 zitierten.
37 Herrenhaus 1861, Drucks. Nr. 52; Sten. Ber. Bd. 2, S. 88.
$® Abgeordnetenhaus, 14. 6. 1865, Sten. Ber. S. 2152 —57.
# Herrenhaus 14. 3. 1861, Sten. Ber. Bd. 1, S. 200-206.