Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 45 (45)

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Da der Haushaltsplan nicht der Volksinitiative unterliegt, 
kann auch ein Drittel der Reichstagsabgeordneten nicht ver- 
langen, daß die Verkündung des Reichshaushaltsgesetzes um 
2 Monate ausgesetzt werde. Denn da es der Zweck des Art. 72 
Satz 1 ist, der Minderheit des Reichstags Zeit zur Vorbe- 
reitung des Volksentscheids gemäß Art. 73 Abs. 2 zu gewähren, 
so kann das Verlangen nach Aussetzung der Verkündung doch 
nur gegenüber solchen Gesetzesbeschlüssen zulässig sein, die 
dem Volksentscheide nach Art. 73 Abs. 2 unterliegen. Das ist 
aber — wie oben ausgeführt — bei Finanzgesetzen nicht der Fall. 
Ist die Reichsregierung nun verpflichtet, die vom Reichstage 
mit Zustimmung des Reichsrats erhöhten Ausgaben (z. B. Teue- 
rungszulagen) zu machen, oder ist sie dazu nur ermächtigt, kapn 
sie diese Ausgaben also „ersparen“? Welchen Standpunkt man auch 
immer gegenüber dem früheren Recht eingenommen hat, haben mag, 
heute wird man sagen müssen, daß die Regierung verpflichtet ist, 
derartige Ausgaben zu machen ®. Denn heute ist der Reichstag 
das oberste Organ unseres Staatswesens, und die Exekutive ist 
verpflichtet, seinen Anordnungen zu folgen. Daß der Reichstag, 
wenn er Ausgabeposten im Reichshaushaltsgesetz erhöht oder neu 
einsetzt, die Regierung verpflichten — nicht nur berechtigen — 
will, die betreffenden Ausgaben zu machen, wird man fast immer 
annehmen können. Andere Fälle werden nur ganz selten vor- 
kommen, so, wenn die Reichsregierung als einmalige Beihilfe zur 
Ausbesserung des Kölner Domes 500 000 M. in den Haushaltsplan 
einstellt, der Reichstag aber umfangreichere Renovationen wünscht 
und deshalb diese Summe um 400000 M. erhöht. Lassen sich 
diese umfangreicheren Ausbesserungen für 750 000 M. herstellen, 
so ist die Regierung natürlich nicht verpflichtet, die nicht erforder- 
lichen 150 000 M. auszuzahlen ; wohl aber durfte sie nicht nur 
die weniger umfangreichen Arbeiten für 500000 M. in Angriff 
nehmen und den Rest des Geldes sparen. 
»® A. M. W. CoERMAnNN, RV. Regensburg 1919 Ar. 85, Anm. 4.
	        
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