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durch einen Beschluß des Parlaments mit Zweidrittelmehrheit oder
durch einen Volksentscheid beseitigt werden kann. Ferner gilt Art. 42
Abs. 4 nieht nur, wenn der Landtag Ausgaben im Entwurf des
Staatshaushaltsgesetzes erhöht oder neu einsetzt, sondern in allen
Fällen, in denen der Landtag Ausgaben beschließen will, die über
den vom Staatsministerium vorgeschlagenen oder bewilligten Be-
trag hinausgehen.
Schwierigkeiten bei der Auslegung des Art. 42, Abs. 4 macht
zunächst seine Fassung, nach der die Zustimmung des Staatsrats
erforderlich ist, wenn der Landtag Ausgaben, die über den Vor-
schlag oder die Bewilligung des Staatsministeriums hinausgehen,
„beschließen will“. Hieraus folgern GIESE-VOLKMANN®®, daß der
Staatsrat Stellung nehmen müsse, bevor der Landtag einen end-
gültigen Beschluß gefaßt habe. Der Landtag kann — nach
GIESE- VOLKMANN — zunächst nur einen vorläufigen Beschluß dahin
fassen, daß er eine Ausgabe, die über den vom Staatsministerium
vorgeschlagenen oder bewilligten Betrag hinausgeht, geleistet sehen
möchte. Dann muß das Staatsministerium dem Staatsrat die Vor-
schläge des Landtags vorlegen, und der Staatsrat muß dazu
Stellung nehmen. Erteilt er dann den Beschlüssen des Landtags
seine Zustimmung, so kann der Landtag erst jetzt einen endgül-
tigen Beschluß fassen.
Meines Erachtens ist diese Auslegung des Art. 42 Abs. 4
unhaltbar ®”. Es widerspräche völlig der sonstigen Stellung des
Staatsrats, wenn er hier dem Landtag gewissermaßen die Erlaub-
nis zu erteilen hätte, sein Gesetzgebungsrecht auszuüben. Es
widerspräche aber auch dem Geiste der preußischen Verfassung,
wenn der Landtag, das oberste Organ des Freistaats Preußen, in
solcher Weise beschränkt wäre. Und wie wenig Sinn es hätte,
wenn der Staatsrat sich mit einer Vorlage, deren endgültige An-
86 F, GIEsSE und E. VOLKMANnNN, Pr. V. Berlin 1921, Art. 42 Anm. 14.
8° Wie im Text R. Huser, Pr. V. Mannheim 1921, Art. 42 Anm. 10;
L. WALDECKER, Pr. V. Berlin 1921, Art. 42 Anm. 3.
Archiv des öffentlichen Rechts. N. F. 6. Heft ı. 6