Von Willenderklaͤrungen. 153
§. 96. Bloße auch an sich gültige Willenserklärungen sind, für sich allein, die
Erwerbung, Uebertragung oder Aufhebung eines Rechts zu bewirken, in der Regel%)
noch nicht hinreichend.
8. 97. Was hinzukommen müsse, um einer Willenserklärung die volle recht-
liche Wirkung zu verschaffen, ist nach den verschiedenen Arten derselben in den Gesetzen
besonders bestinm.
8. 98. Willenserklärungen, zu welchen Jemand in den Gesetzen selbst, oder von
dem Richter, vermöge gesetzlicher Vorschriften, aufgefordert worden, bedürfen zu ihrer
Wirksamkeit keines weitem Zusatzes 102).
§. 99. So weit Jemand über eine Sache verfügen kann, so weit kann er auch
seiner Willenserklärung darüber Bedingungen beifügen.
§. 100. Eine Willenserklärung ist bedingt, wenn das daraus entstehende Recht
von einem Ereigniß 102), welches eintreffen oder nicht eintreffen soll, abhängig gemacht
worden.
8. 101. Ist die Bedingung in der Art beigefügt, daß durch den Eintritt dersel-
ben die Erwerbung des Rechts !?) erst vollendet werden soll, so heißt sie eine auf-
schiebende 16") Bedingung.
100) Ausnahmen macht z. B. die Einräumung eines Untersagungsrechts. I., 7, §. 87.
101) Die Erklärung wird in diesen Fällen fiugirt.
102) Dos Ereigniß muß das wesentliche Ersorderniß der Ungewißheit haben, wenn es eine Be-
dingung sein soll. halb kann nur ein künstiges Ereigniß eine wahre Bedingung sein, wie es
auch durch das „eintreffen soll“ angedeutet wird. Vergangene Ereignisse machen die Erklärung
nicht zur bedingten, aber die Wirksamkeit derselben ist wegen der im Bewußisein der Parteien liegenden
Ungewißheit gehindert, weshalb die Erklärungen mit einem dergleichen Zusatze, Aehulichkeit mit den be-
diugten haben. S. u. §§. 140 ff. Der Zusatz: „wenn der rrcchiige es verlang“, ist gar keine Be-
dingung (Pr. des Obertr. v. 6. Nov. 1849, Emsch. Bd. XVIII, S. 151), weil kein Ereigniß. So
wenig durch den Zusatz: „wenn der Verpflichtete will“, ein bedingtes Rechtsverhältniß begründet wer-
den kaun, da vielmehr gar keins zu Stande kommt (s. 108 d. T. u. Anm. 9 dazu), ebenso wenig wird
das verabredete Rechtsverhältuiß durch den Zusatz: „wenn der Berechtigte die Leistung verlangt“, ein
bedingtes, da es vielmehr die Anflage enthält, daß der Verpflichtete sich jeden Angenblick nach dem
Winke des Berechtigten zur Leistung bereit halten muß: die Verabredung vertrickt den Zahlungstermin
und die Kündignug. — Zweifelhaft ist die Bestimmung in einem Assekuranzvertrage: daß jeder nicht
innerhalb sechs Monaten nach dem Unsfalle festgestellte oder nicht vor den Richter gebrachte Entschädi-
gungsanspruch erloschen sei. Man hat darüber gestritten: ob darin eine Bedingung, oder die Verabre-
dung einer kürzeren Verjährung enthalten sei. Das Obertr. hat, im Einverständnisse mit den vorin-
stanzlichen Richtern, eine Bedingung gefunden. Pr. vom 25. Jan. 1849 (Entsch. Bd. XV. S. 361).
(4. 1. Auch Erk. v. 13. Mai 1851, UArch. f. Rechtsf. Bd. II. S. 130.) Doch wird es unklar gelassen:
ob eine ausschiebende, oder eine auflösen de. „Der Eutschädigungsanspruch“ — heißt es —
eberuht nicht darauf, daß ein Brand eingetreten ist, sondern darauf, daß diesjer Brand die versicherten
Gegenftände betroffen hat. Dieses Ereigniß mit der hinzutretenden Maßgabe, daß die Existenz und der
Betrag des Schadens binnen 6 M. festgestellt oder binnen dieser Frist die richterliche Feststellung nach-
gesucht worden, ist es, welches den Auspruch begründen soll.“ — „Das konkurrireude Ereigniß, von
dessen Eintritte das Recht abhängig gemacht worden, ist die erfolgte Feststellung, oder in deren Er-
mangelung die Anstellung der Klage binnen der verabredeten Frist.? Damit ! offenbar eine auf
schiebende Bedingung gemeint. Als entiprechende Stellen aber, welche hiernach von dem Avpellrichter
nicht verletzt sein sollen, werden die S§S. 114, 115 bezeichnet, welche von der auflösenden Bedingung
handeln. Die Begründung ist auch nicht allein unjuristisch, sondern selbst dem Wortlaute der Verabre-
dung widersprechend, indem hiernach die Entschädigungssorderung mit Ablauf der Frist erloschen
sein soll, so daß die Absicht der Betheiligten nicht auf eine suspensive, vielmehr auf eine resolutive,
wenn überhaupt auf eine Bedingung gerichtet gewesen ist. Ein Recht, welches noch gar nicht existent
geworden, kann nicht erlöschen. Die Feststellung des Schadens ist keine wahre Sedingung= sondern ge-
dört zur Bestimmung des Uuantums der Forderung, die durch den Fuerschaden aus dem Versiche-
rungskontrakte entstanden ist; die Fristbestimmung ist gleichsalls keine Bedingung, folglich enthält die
Verabredung gar keine Bedingung. — Vergl. unten die Anm. 3 zu f. 565, Tit. 9.
103) D. i. die Cutstehung des Rechtsverhältnisses.
104) Nach der Art der Eiuwirkung der Bedingungen auf das Rechtsverhältuiß theilt man dieselben
in aufschiebende (suspenfive), wenn dadurch der Anfang, und in auflösende (resolmide), weun
Wirkung
derselben.
Bedingung.
a) Aufschie-
bende.