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in der Absicht demnächstiger Weiterveräußerung der Waare abgeschlossen hat. Im Widerspruch Hiermit hat
der vierte Civilsenat des Reichsgerichts in dem Erkenntniß vom 25. Oktober 1880 (Justizministerialblatt 1881
S. 119) und in zahlreichen Hpäeren guntscheiduge aushefprochen, daß als ein im kaufmännischen Verkehr
abgeschlossenes Kauf= und Lieferungs-Gess aft, im Sinne der erwähnten Bestimmungen, jede von einem Kauf-
mann vorgenommene Veräußerung der nach seinem Geschäft zur Veräußerung bestimmten Waaren zu verstehen
sei, gleichviel ob der Käufer oder Besteller die Waare weiterzuverkaufen beabsichtigt, oder nicht. Dieser Auf-
fassung hat der dritie, sowie neuerdings auch der zweite Civilsenat des Reichsgerichts sich angeschlossen. Da
Hernoch keine Aussicht mehr vorhanden ist, die bisher von der Finanz-Verwaltung vertretene Ansicht bei den
erichten zur Geltung zu bringen, so maß in Zukunft auch von den Verwaltungsbehörden nach der dem
Erkenntniß des Reichsgerichts vom 25. Oktober 1880 zu Grunde liegenden Auffassung verfahren werden.
Demgemäß sind auch die von Staatsbehörden mit Gewerbetreibenden abgeschlossenen Verträge dieser Art, au
über die Lieferung von Bureaugegenständen oder Baumaterialien, einem Stempel von böhsten 1,50 4
z rsen welcher wegen der Stempelfreiheit des Fiskus nur in der darstellbaren Hälfte von 1 X zu
verwenden ist.
Die Finanz-Verwaltung ist ferner, unterstützt durch die Menarentscheidung des vormaligen Obertribunals
vom 27. Januar 1862 (Centralblatt f. Abgabenverw. S. 148; Justizministerialblatt S. 143), bisher von der
Annahme ausgegangen, daß die nach Allgem. Landrecht zu beurtheilenden Werkverdingungsverträge, in welchen
der Uebernehmer zugleich zur Hergabe der Materialien sich verpftchirt, zum Zweck der Siempesperechnung in
zwei getrennte Verträge — einen Vertrag über Lieferung der Materialien und einen Arbeitsvertrag — zu
zerlegen seien, und daß daher zu solchen Verträgen neben dem allgemeinen Vertragsstempel zu dem Arbeits-
vertrage der Lieferungsstempel von ½ Prozent von dem Werth der Materialien zu verwenden sei. Dagegen
hat das Reichsgericht wiederholt entschieden, daß der Werkverdingungsvertrag, auch wenn der Uebernehmer
danach die Maserialien berzugeben. hat, in Bezug auf die Stempelverwendung als ein einheitlicher Vertrag
anzusehen und demnach nur dem allgemeinen Vertragsstempel von 1,50 /1 zu unterwerfen sei. Die Frage
at für die Finanz-Verwaltung ihre wesentliche Bedeutung verloren, nachdem im Obigen der Auffassung des
eichsgerichts in Bezug auf die Auslegung der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 30. April 1847 hat Folge
gegeben werden müssen. Von den Verwaltungsbehörden mag daher in Zukunft auch in Betreff der ewähnter
erneren Frage nach der Auffassung des Reichsgerichts verfahren werden, wodurch zugleich eine Gleich-
mäßigkeit in der Besteuerung zwischen dem Geltungsgebiet des Allgemeinen Landrechts einerseits und dem-
jenigen des rheinischen und gemeinen Rechts andererseits hergestellt wird.
Euer Hochwohlgeboen wollen die untergeordneten Stellen nach Maßgabe des Vorstehenden mit
Anweisung versehen, auch zur Vermeidung von Prozeßkosten in den gegen Sie Lcwebenden Prozessen, in
welchen es lh um die vorstehend erörterten Fragen handelt, unter Zurücknahme der Ihrerseits etwa eingelegten
Rechtsmittel, die Kläger sobald als thunlich klaglos stellen, und in denjenigen Fällen, wo ein Prozeß zwar
noch nicht eingeleitet, der Stempel jedoch nur unter Vorbehalt entrichtet ist und die Klagefrist noch läuft, die
Erstattung des Stempels alsbald anordnen.
Der Finanz-Minister.
v. Sool .
An die Herren Provinzial-Steuer-Direktoren, jeden besonders, und den General-Inspektor 2c. Herrn
Grolig, Hochwohlgeboren zu Erfur.
Nr. 147.
Bezug von Formularen aus dem Festungsgefängniß in Spandan.
Verlin, den 22. Juli 1883.
Unter Be ugnahme auf den Erlaß vom 17. Dezember 1881 — A. V. Bl. S. 278 — wird bekannt gemacht,
daß zur Feinsachung des Geschäftsganges dem Festungsgefängniß in Spandau ein etwaiger Bedarf der
Truppen und Behörden an Formularen jährlich nur zwei Mal, den 1. April und 1. Oktober, anzumelden
und bei der Anmeldung anzugeben ist, bis zu welchem Termine die Lieferung zu erfolgen hat.
Kriegs-Ministerium; Allgemeines Kriegs-Departement.
v. Hänisch. i
No. 168/7. A. 2. iegler.