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Kriegsministerium. Nr. 232 Berlin den 27. November 1887.
t. .
Bedingungen für die Berleihung der Wohlthaten des Potsdamschen großen Militär-Waisenhauses.
6 ist eine Aenderung der Bedingungen, unter welchen die Wohlthaten des Potsdamschen großen Militär=
Waisenhauses verliehen werdeyn, ersorderüt geworden.
Die für die Folge maßgebenden Bedingungen # nachstehend zur Kenntniß der Armee gebracht.
er Kriegsminister
und Chef des Direktoriums des Potsdamschen großen Militär-Waisenhauses.
No. 2821/87. P. W. Bronsart von Schellendorff.
Bebingungen,
unter welchen die Wohlthaten des Potsdamschen großen Militär-Waisenhauses im Allgemeinen
verliehen werden.
Die Wohlthaten, welche die obige. Stiftung bedürftigen, elternlosen und vaterlosen Soldaten-
waisen, die während des aktiven Militärdienstes des Vaters bei Preußischen oder unter Preußischer Militär-
Verwaltung stchenden Truppentheilen ehelich geboren sind, oder deren Vater als Soldat bei diesen Truppen-
theilen gestorben ist, gewähre bestehen:
A. in der Aufnahme in eine Erziehungs-Anstalt;
B. in der Bewilligung eines Pllegege des.
A. Aufnahme.
1. Kinder im Alter vom zurückgelegten 6. bis zum 12. bebensjahre können, wenn sie
anz gesund sind, im Militär-Knaben-Waisenhause zu Potsdam, im Militär-Mädchen-Waisen-
Heus zu Pretzsch, — Kinder katholischer Konfession in der katholischen Erziehungsanstalt „Haus
azareth“ in Hörxter — untergebracht werden, soweit der Raum und die Mittel es gestatten.
2. Die Knaben finden zu Ostern und zu Michaelis, die Mädchen nur zu Ostern jedes
Jahres Aufnahme.
3. Die Kinder, deren Aufnahme genehmigt worden ist, werden zunächst in die Anwärterliste ein-
hetragen Die Auswahl der zu dem nächsten Termine Aufzunehmenden aus der Zahl der als
erechtigt und berücksichtigungswerth zu dieser Wohlthat aufgeseichneten Kinder erfolgt nach
Maßgabe der militärischen Verdienstlichkeit der Väter und der Bedürftigkeit der Familien, unter
Berücksichtigung des Alters der Kinder und thunlicher Beachtung der Zeit ihrer Aufzeichnung.
4. Soldatenwaisen, für welche das Geiche Waisengeld aus Staats= oder Reichsfonds zahlbar ist,
finden nur unter der Bedingung Aufnahme, daß der Betrag dieses Waisengeldes für die Dauer
des Aufenthalts in der Anstalt von dem auf den Monat der Aufnahme folgenden Monat
a der Regel 1. Mai oder 1. November) ab als Erziehungsbeitrag an die Haupt-Militär-
aisenhauskasse in Berlin abgeführt wird.
5. Wenn solche Kinder Aufnahme finden, für welche Erziehungsgelder aus dem Reichsinvaliden= oder
Kaiserlichen Dispositionsfonds gezahlt werden, so hört diese Zahlung an die Mütter bz. Vor-
münder ebenfalls mit dem Monat der Aufnahme auf und erfolgt von da ab an die Haupt-
Militär-Waisenhauskasse.
B. Pflegegeld.
1. Das Pflegegeld wird auf jedes dazu angemeldete Kind — wenn die Etatsmittel es gestatten —
von dem Monat ab bewilligt, in welchem das mit den nöthigen Beweisstücken eingegangene
Gesuch als berücksichtigungswerth anerkannt ist und bis zum vollendeten 14. Lebensfahre. der
Kinder oder bis zu ihrer etwaigen Aufnahme in eine Erziehsunaganstalt gezahlt.
2. Das Pflegegeld erfolgt in bestimmten Sätzen mit Rücksicht darauf, ob die Kinder elternlos oder
vaterlos sind, als ein Beitrag zu den laufenden Kosten für die Ernährung und Bekleidung
der Kinder und daher niemals für eine rückliegende Zeit.
3. Sobald für die Kinder das gesetzliche Waisengeld oder ein anderweites Erziehungsgeld aus
Staats= oder Reichsfonde bewinht wird, hört die Zahlung des etwa bereits angewiesenen
Pflegegeldes für Rechnung des Militär-Waisenhauses von dem Monate der Zahlbarkeit jenes
Erziehungsgeldes auf.