338 Erster Theil. Siebenter Titel.
§. 83. Soll die Besitzergreifung eines solchen negativen Rechts durch Widerspruch
gehindert werden, so muß eer Widerspruch bei der Handlung selbst gegen den Han-
delnden geäußert sein ??).
§. 84. Ein nach gänzlich vollendeter Handlung erfolgender Widerspruch kann
den durch diese Handlung einmal erworbenen Besitz nicht wieder aufheben.
8. 85. Erfocgt jedoch der Widerspruch auf sürut That, oder sogleich, als der,
gegen welchen der Besitz des negativen Rechts erworben werden soll, die Handlung er-
fahren hat, so wird dadurch die Besitzergreifung entkräftet 3 1).
eine Ule §. 86. Den Besitz eines Untersagungerechts erwirbt derjenige, auf dessen Verbot
hech der Andere von einer untemommenen Handlung absteht 32#).
§. 87. JIst jedoch ein Untersagungsrecht Jemandem durch eine ausdrickliche Wil-
lenserklärung 5*) eingeräumt worden, so wird derselbe von dem Augenblicke an, wo
diese Willenserklärung ihre Rechtsgültigkeit erlangt hat, in dem Besitze des Rechts zu
sein geachtet 7).
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52) Das setzt aber die Wissenschaft dessen, gegen den die Handlung unternommen wird, voraus.
S. die vor. Anm. Vergl. auch §. 97.
53) Die Is. 84 u. 85 beziehen sich lediglich auf die Besitzergreifung, d. h. die erste den Besitz
begründende Handlung. Widerspruch bei einer späteren, den Besitz fortsetzenden Handlung entzieht
den Besitz nicht wieder. Deshalb kann z. B. die Verjährung durch eine fehlerfreie Besitzhandlung
volleudet werden, wenn auch bei dieser Widerspruch erfolgt, oder sie zur nachherigen Klage gegen den
Besitzer Anlaß gegeben hat. Pr. des Obertr. vom 19. Oktober 1846 (Entsch. Bd. XV, S. 142).
Wohl aber wird der Besitz und damit die Ersitzung unterbrochen, wenn der Präteudent auf den
Widerspruch des Anderen von der ferneren Aueslbung des Rechtes absteht. Pr. 855, vom 11. April
1840. Bergl. umen Anm. 923, Abs. 3. (4. A.) Ein solcher, die Besitzergreifung entkräftender
Widerspruch ist es J. B., wenn der Eigenthümer eines Grabens, in welchen ein Nachbar das un-
reine Wasser aus seiner Stärkefabrik abzuleiten unternommen hat, diesen Graben, sogleich nachdem er
davon Kennmiß erhalten, zuschütiet. Erk. des Obertr. v. 10. Januar 1862 (Entsch. Bd. XLVII, S. 77).
53 a) (4. A.) Der bloß thatsächlich ausschließliche Bau nicht regaler Fossilien auf einem fremden
Grunystücke begründet den Besitz des Rechtes, mit Ausschiuß des Grundeigenthümers den Bau zu
betreiben, nicht; daher ist zum Beweise der Störung des Besitzes des Bauenden durch Bergbauanla-
gen des Grundeigenthümers der Nachweis eines besnders erworbenen Untersagungsrechtes oder des
unmittelbaren Eingriffes in den Ses des Berechtigien erforderlich. Erk. des Obertr. v. 9. Novbr.
1855 (Acch. f. Rcchtsf. Bd. XVIII, S. 303).
(5. A.) Das Aufhören oder die Unterbrechung des Besitzes eines negativen Rechts ist von zwei
Ersordernissen bedingt: einmal, daß der Belastete dem Berechtigten gegenüber seinen Willen zu erkennen
giebt, die belasteude Handlung fernerhin nicht dulden zu wollen; sodaun, daß der Berechtigte seinen Willen
darthut, fernerhin die den Eigenthümer belastende Handlung unterlassen zu wollen. Dazu genügt
eine stillschweigende Willenserklärung (Tit. 4, 86. 58, 59). Erk. dess. vom 18. Ohbr. 1866 (Enesch.
Bd. LVII, S. 18). Vergl. unten, Anm. 79 zu §. 127 d. T.; ferner: Anm. 33 zu §. 597, Tit. 9,
Aum. 30, Abs. 2 zu H. 43, Tit. 22; und oben, Anm. 21 zu §S. 45, Tit. 7.
54) Eine Willenserklärung, welche die Wirkung der Erwerbung des Besitzes eines Untersagungs-
rechtes in sich schließen soll, muß von demjenigen, gegen den dieser Besitz geltend gemacht wird, abge-
geren worden sein. Namentlich wird bei Exklusivberechtigungen, die auf landesherrlichen Privilegien
ruhen, der Besitz des Rechtes gegen jeden, der diesen Besitz als vorhanden anerkennen soll, noch
nicht allein durch die Enheilung des Privilegii, ohne den Hinzutritt einer Handlung des Verpflich-
teten, begründet. Pr. des Obertr. 913, vom 7. Septbr. 1840.
(3. A.) Durch das ein negatives Recht absprechende Judikat gelangt der Sieger, wie durch eine
Willenserklärung, in den Besitz des entgegengesetzten Untersagungsrechtes, und damit erlischt der Be-
sitz des bis dohm von dem Anderen auegelbten negativen Rechtes (§. 127 d. T.) Auch kann der,
welchem das negative Recht rechtskräftig abgesprochen worden, für einen gegen das Judikat angeblich
erworbenen neuen Besitz den possessorischen Schutz nicht in Anspruch nehmen, da dieser it ein
offenbar unredlicher sein würde. Erk. des Obertr. vom 24. März 1851 (J.M.EBl. 1854, S. 104).
Der letzte Satz ist wohl sehr zweifelhaft und bedarf jedenfalls einer näheren Sestimmung. Warum
soll nicht ein redlicher Erwerb eines neuen Besitzes möglich sein? Und ist ein unredlicher Besitz über-
haupt absolut schutzlos?
55) Aus Vertragsverhältnissen, in welchen der eine Theil sich verpflichtet hat, gewisse Hand-
lungen zu unterlassen, findet, wenn der Verpflichtete dieser Bestimmung zuwider handelt, eine Klage
wegen Besitzstörung nicht statt. Pr. des Obertrib. 503, v. 13. Angust 1838.