Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

98 „Drittes Buch. Die Organisation des Deutschen Reiches. 
preußischen Stimmen im Bundesrath führt, auch wenn er den Vorsitz hat, ist nicht 
nothwendig und aus praktischen Gründen auch thatsächlich nicht stets der Fall; 
Arndt, Komm. zur Reichsverfassung, S. 132, und zustimmend Seydel, Comm., 
S. 169; anderer Ansicht Laband, Reichsstaatsrecht, I, S. 241. 
Schon im ehemaligen Deutschen Bunde bestanden zur Vorbereitung der 
Geschäfte, zur Beauffichtigung verschiedener die Interessen des Bundes berührender 
Angelegenheiten und zur zweckmäßigen Ausführung der dem Bundestage obliegenden 
Geschäfte oder von ihm ausgehenden Maßregeln „Bundestags-Commissionen“ 
oder „Ausschüsse der Bundesversammlung“, welche aus den Bundestags- 
mitgliedern gewählt wurden. Diese Ausschüsse waren theils permanent, theils nicht 
permanent. So gab es u. A. einen Executions-Ausschuß, einen Militär- 
Ausschuß, einen Finanz--Ausschuß und einen Reclamations-Ausschuß. 
Näheres s. bei Zachariä, Deutsches Staats= und Bundesrecht, II, §§ 254, 255, 
S. 668 ff. Auch der Bundesrath des Deutschen Reiches kann sund muß] Aus- 
schüsse wählen. Diese haben nach der Reichsverfassung keine entscheidende, sondern 
eine vorbereitende und berathende Thätigkeit (v. Bennigsen am 26. März 1867 
im verfassungberathenden norddeutschen Reichstage, Sten. Ber. S. 376), fie haben 
auch keine ausführende Thätigkeit. Dagegen steht nichts entgegen, daß ihnen 
eine solche Thätigkeit durch besondere Reichsgesetze übertragen wird, da solches durch 
keine Bestimmung der Reichsverfassung verboten ist. Die Reichsverfassung bestimmt 
in Artikel 8, daß der Bundesrath acht Ausschüsse zu bilden habe. Indessen 
schließt dies keineswegs aus, daß der Bundesrath nicht noch andere Ausschüsse 
bildet, was auch thatsächlich geschieht (Laband, Reichsstaatsrecht, 1, S. 248 ff., 
Seydel, Comm., S. 150 f.). Die in Artikel 8 vorgeschriebenen Ausschüsse sollen 
nach dem Wortlaute des Artikels 8 dauernde sein, d. h. weiter nichts nach der 
Erklärung, die Graf Bismarck am 26. März 1867 im verfaffungberathenden 
norddeutschen Reichstage abgab (Sten. Ber. S. 355), als „daß dies nicht Aus- 
schüsse sein sollen, die einmal ad hoc zu einem bestimmten Zwecke gewählt werden, 
sondern solche Ausschüsse, welche stets existiren sollen. Ob fie immer versammelt 
sein sollen, ob sie auch dann in Thätigkeit sein sollen, wenn der Bundesrath nicht 
versammelt ist, hängt von den Beschlüssen des Bundesraths ab und von der Be- 
dürfnißfrage.“ Die dauernden Ausschüsse können also auch dann in Thätigkeit 
treten und in Thätigkeit bleiben, wenn der Bundesrath nicht versammelt ist. 
Wie die in der Verfassung nicht erwähnten Ausschüsse (für Elsaß-Lothringen, 
für die Verfassung, für die Geschäftsordnung, für das Eisenbahngütertarifwesen oder 
die außerordentlichen Ausschüsse) zusammengesetzt werden, überläßt die Reichsverfassung 
im Allgemeinen dem Ermessen des Bundesrathes. Für die Zusammensetzung der in 
Artikel 8 aufgeführten Bundesrathsausschüsse sind eben dort besondere Vorschriften 
getroffen. Diese Ausschüsse find: 
1) für das Landheer und die Festungen, 
2) für das Seewesen (worunter die Kriegsmarine gemeint ist!), 
3) für Zoll= und Handelswesen, 
4) für Handel und Verkehr, 
5) für Eisenbahnen, Post und Telegraphie, 
6) für Justizwesen, 
7) für Rechnungswesen, 
8) für die auswärtigen Angelegenheiten. 
Mitglieder des Ausschusses sind nicht die Bundesraths- 
bevollmächtigten, sondern die Bundesstaaten, was sich aus Absatz 2 
des Artikels 8 der Reichsverfassung ergiebt und in § 17 der Geschäftsordnung des 
Bundesrathes anerkannt ist; ebenso Seydel, Comm., S. 151, Laband, Reichs- 
staatsrecht, I, S. 2492. In jedem der unter 1 bis 7 genannten Ausschüsse müssen 
  
  
1 Dies ergiebt sich schon daraus, daß die 1878 im verfassungberathenden norddeutschen 
Mitglieder der Ausschüsse zu 1 und 2 nach dem Reichstage, Sten. Ber. S. 304. 
Wortlaute der Verfassung des Norddeutschen 2 Bei den Abstimmungen in den Ausschüssen 
Bundes von dem „Bundesfeldherrn“" ernannt führt jeder Staat nur eine Stimme, bei Sihungen 
werden sollen; Fürst Bismarck am 26. März vereinigter Ausschüsse so viel Stimmen, wie oft der 
Staat in den einzelnen Ausschüssen vertreten ist.
	        
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