8 W. Die freie Bewegung der Reichsangehörigen im Reiche. 217
Unterbrechung des Aufenthalts wird eine freiwillige Entfernung nicht angesehen,
wenn aus den Umständen, unter welchen fie erfolgt, die Absicht erhellt, den
Aufenthalt beizubehalten (§ 13). Als dauernd gilt derjenige Aufenthalt für einen
Locomotivführer, Postillon, Schiffer, Haufirer, Handlungsreisenden u. s. w. an dem
Orte fort, wohin sie nach Beendigung ihres Dienstes oder ihrer Geschäfte zurück-
kehren I. Arbeiter haben ihren Aufenthalt in diesem Sinne nicht an der Arbeits-
stelle, sondern an dem Orte, wo sich ihre Häuslichkeit befindet 2. Der Lauf der
zweijährigen Frist ruht während der Dauer der von einem Armenverbande gewährten
öffentlichen Unterstützung #. Er wird durch den Antrag eines Armenverbandes bei
einem anderen Verbande auf Uebernahme der Armenpflicht unterbrochen (vgl. 8 14).
Die Ehefrau theilt (mit den ihrem Unterstützungswohnttz folgenden ehelichen oder
unehelichen Vorkindern") vom Zeitpunkte der Eheschließung ab den Unterstützungs-
wohnsitz des Mannes (§ 15). Durch die Verheirathung mit einem Ausländer (also
auch einem Bayern oder Elsaß-Lothringer) verliert die Frau auch den Unterstützungs-
wohnsitz. Eheliche und den ehelichen gesetzlich gleichstehende Kinder theilen den
Unterstützungswohnsitz des Vaters so lange, bis fie denselben verloren oder einen
anderweitigen Unterstützungswohnsitz erworben haben (§ 18), und zwar bis zur
Erreichung des armenmündigen Alters (18 Jahre) auch dann, wenn sie bereits
verheirathet find und einen eigenen Hausstand haben r. Wenn die Mutter den Vater
überlebt, so theilen nach Auflösung der Ehe durch den Tod des Vaters die Kinder
den Unterstützungswohnsitz der Mutter; desgleichen wenn fie der einen selbstständigen
(und getrennten) Haushalt führenden Mutter gefolgt find (§ 19).
Der Verlust des Unterstützungswohnsitzes tritt ein durch 1) Erwerbung eines
anderweitigen Unterstützungswohnsitzes, 2) zweijährige ununterbrochene Abwesenheit
nach zurückgelegtem achtzehnten Lebensjahre (§ 22). Die zweijährige Frist läuft
von dem Tage, an welchem die Abwesenheit begonnen hat. Durch den Eintritt in
eine Kranken-, Bewahr= oder Heilanstalt wird jedoch die Abwesenheit nicht be-
gonnen (§ 23). Die Zeit, während welcher die Abwesenheit nicht auf freier Selbst-
bestimmung beruht, wird in die Frist nicht eingerechnet (§ 24). Als Unterbrechung
wird die Rückkehr nicht angesehen, wenn dadurch der Aufenthalt nicht dauernd
fortgesetzt werden sollte (§ 25). Der Lauf der zweijährigen Frist ruht während
der Dauer der von einem Armenverbande gewährten öffentlichen Unterstützung und
wird durch den Antrag eines Armenverbandes auf Uebernahme des Hülfsbedürftigen
unterbrochen (§ 27).
Was den Anspruch auf Unterstützung umfaßt, ist reichsrechtlich nicht geregelt;
es ist der Landesgesetzgebung ein gewisser Spielraum gegeben. Der Anspruch be-
trifft jedenfalls nur den unentbehrlichen Lebensunterhalt. Dahin find
zurechnen Obdach, das in natura durch Unterbringung im Gemeindehause, Gewährung
einer Wohnung7 oder durch Gewährung von Miethsbeihülfen in Geld geliefert werden
kann; ferner die unentbehrliche Ernährung, sodann die nothwendige Kleidungs,
1 Entsch. des Bundesamts f. d. Heimathwesen,. 31, Bd. IV, S. 23. Die Unterstützung muß
Be. IV, S. 3, 6, Bd. V, S. 13, Bd. X, S. 5, nothwendig ewesen und thatsächlich gewährt,
Bd. XI, S. 6, Bd. XIII, S. 4, Bd. XVI.S. 1, Bd. auch nicht " zum Zwecke der Unterbiechung der
XVII, S. 3, Bd. XX, S. 1, Bd. XXIV, S.1; Frist gegeben sein; vgl. Entsch. d. Bundesamts,
I. auch Bd. V. S. 3, Bd. VIII, S. 8, Bd.Bd. XII, S. 8, Bd. XVI, S. 66, Bd. XXIII, S. 23.
XVII, S. 7. Ein Bettler dagegen setzt seinen 4 Entsch., des Bundesamts, Bd. V, S. 13,
Aufenthalt nicht fort an dem Orte, wo er nur Bd. VI, S. 17, Bd. XVII, S. 42, Bd. XX,
alle 8 bis 14 Tage auf kurze Zeit oder zum S. 18, 19, Bd. XXIV, S. 34, Bd. XXVI, S. 36,
Nächtigen sich einzufinden ! t; Entsch. des Bd. XXVII, S. 35.
Bundesamts, Bd. XI, S. 15, VBd. XIII, S. 1, * Auch wenn dies ein Orts= oder Land-
Bd. XV, S. 11. armer it. Entsch. des Bundesamts, Bd. III,
: Entsch. des Bundesamts, Bd. XXII, S. 2). 17, 21.
s. auch Bd. XIX, S. 6. 6# Entsch. des Bundeamts, Bd. X, S. 33
2 D. i. auch eine bloße Beihülfe in Geld a. a. O.
oder Brennmaterialien, unentgeltliche Ein- 7 Entsch. des Bundesamts, Bd. XI, S. 122.
räumung einer Wohnung u. dal.; val. Entsch. 5# Val. Entsch. des Bundesamts, Bd. IV, S. 34,
des Bundesamts, Bd. II. S. 18, r. V, S. 17, 19, Bd. VII, S. 39, Bd. XVIII, S. 60, Bd. XXI,
B. VI, S. 10, Bd. VII, S. 17, Bd. XII, S. 4 86, Bd. XXVII, S.47; auch die Neinigung
#. a. O. Der Armenverband muf dem Geltungs= der Kleidung von Ungeziefer, Entsch. Bd. III,
bereich des Unterstützungswohnsitzgesetzes ange.S. 44, Bd. XI. S. 1I1, Bd. XXVI, S. 88
hören; vgl. Entsch. d. Bundesamts, Bd. XII,a. a. O. -