Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 30. Bom Gewerbewesen u. s. w. 227 
liche Arbeiter“ genannt, umfassen Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Betriebsbeamte, 
Werkmeister, Techniker und Fabrikarbeiter. Die Festsetzung des Verhältnisses 
zwischen den selbstständigen Gewerbetreibenden und den gewerblichen Arbeitern ist, 
vorbehaltlich der durch Reichsgesetze begründeten Beschränkungen, Gegenstand freier 
Uebereinkunft (§ 105). Nicht wenige Beschränkungen find indeß in der Gewerbeordnung 
und anderen Reichsgesetzen enthalten, in der ersteren namentlich die folgenden: 
Bei der Sonntagsarbeit. 
Zum Arbeiten an Sonn= und Festtagen ! können die Gewerbetreibenden die 
Arbeiter nicht verpflichten, außer zu Arbeiten, welche nach den Bestimmungen der 
Gewerbeordnung auch an Sonn= und Festtagen! verrichtet werden dürfen (§ 105a). 
Im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und 
Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und 
anderen Bauhöfen, Werften und Ziegeleien, sowie bei Bauten aller Art dürfen 
Arbeiter an Sonn= und Festtagen nicht beschäftigt werden. Im Handelsgewerbe? 
dürfen Gehülfen, Lehrlinge und Arbeiter am ersten Weihnachts-, Oster= und 
Pfingsttage überhaupt nicht, im Uebrigen an Sonn- und Festtagen nicht länger 
als fünf Stunden beschäftigt werden. Dies gilt auch für die Beschäftigung im 
Geschäftsbetriebe von Consum= und anderen Vereinen (§ 105b). Kraft gesetzlicher 
Vorschrift find vom Verbot ausgenommen Arbeiten, welche in Nothfällen oder im 
öffentlichen Interesse unverzüglich vorgenommen werden müssen, Beaufsichtigungs-, 
Reinigungs= und Instandhaltungsarbeiten u. ähnliche (§ 105ec). Fernere Aus- 
nahmen, namentlich für Gewerbe, in denen Arbeiten vorkommen, die ihrer 
Natur nach eine Unterbrechung nicht gestatten, hat auf Grund der in § 105d 
ertheilten Ermächtigung der Bundesrath zugelassen 2. Andere Ausnahmen können 
in gesetzlich bezeichneten Fällen durch die oberen oder die unteren Verwaltungs- 
behörden zugelassen werden (§ 105e und #); andererseits kann das Verbot der 
Beschäftigung durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesrathes 
weiter ausgedehnt werden (§ 1058). Weitergehende Beschränkungen der Sonntags- 
arbeit durch Landesgesetz oder Landespolizeiverordnung find statthaft (§ 105h). 
Soweit nach dem Vorstehenden gewerbliche Arbeiter im Handelsgewerbe an Sonn- 
und Festtagen nicht beschäftigt werden dürfen, darf in offenen Verkaufsstellen (auch 
von Consum= und anderen Vereinen) ein Gewerbebetrieb an diesen Tagen nicht 
stattsinden (§ 412). 
Auf Gast= und Schankwirthschaftsgewerbe", Mufikaufführungen, Schaustellungen, 
theatralische Vorstellungen oder sonstige Lustbarkeiten, sowie auf Verkehrsgewerbe* 
finden die Verbote der Sonntagsarbeit keine Anwendung, doch dürfen die Arbeiter 
dabei nur zu solchen Arbeiten verpflichtet werden, welche nach der Natur des 
Gewerbebetriebes einen Aufschub oder eine Unterbrechung nicht gestatten (§ 105). 
Arbeitsbuch. 
Minderjährige Arbeiter dürfen nur beschäftigt werden, wenn sie mit einem 
Arbeitsbuche versehen sind. Der Arbeitgeber hat dieses bei der Annahme ein- 
zufordern, sodann zu verwahren, auf amtliches Verlangen vorzulegen und nach 
  
  
1 Was Festtag, richtet sich nach Landes-S. 448. Die Lieferung selbstgewonnener Milch 
recht; negelsaößig. mnd es die beiden Weihnachts= auf Bestellung fällt nicht unter Handelsgewerbe 
eiertage, das Neujahrsfest, der Oster= und Entsch. des Kammergerichts, Bd. XIV, S. 388 
fingstmontag, das Himmelfahrtsfest, der Char-Bd. XV, S. 326. 
itag und der Bußtag; vgl. auch Entsch. des 2 Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von 
Mriche in Straff., Bd. XXIV, S. 268. dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbe- 
* Zum Handelsgewerbe gehören der Groß-, betrieb vom 5. Februar 1895 (R.-G.-Bl. 1895, 
Klein= (auch der Hausir-Handel, Bank-, Spe. 12. 
ditions-- und Kommissionsgeschäfte, Meß= und 4 Der Verkauf über die Straße fällt unter 
Markthandel, Verkauf von Theaterbillets. Nicht das Handelsgewerbe. 
dahin gehort der Verkauf von Arzneimitteln in *5* Zum Verkehrsgewerbe gehört nicht der 
Apotheken. Das Austragen bestellter Waaren Betrieb der Packer, Träger, Bahnhofsbuch- 
ist Ausfluß der s Wätigkeit Entsch händler; doch können für diese Ausnahmen auf 
deß Kammergerichts, Bd. XV, S. 324, Bd. XVI, 
  
Grund § 105e bewilligt werden. 
15“
	        
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