Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

242 Fünftes Buch. Die Verwaltung des Innern. 
letzten Jahres in dem Betriebe an Gehalt oder Lohn bezogen hat, wobei der vier 
Mark für den Arbeitstag übersteigende Betrag nur mit einem Drittel zur An- 
rechnung kommt, bei land= und forstwirthschaftlichen Betrieben nach dem orts- 
üblichen Tagelohn gewöhnlicher Tagearbeiter (§ 6 des Gesetzes vom 5. Mai 1886). 
Anstatt der Heilungskosten und der Rente kann bis zur Beendigung des Heil- 
verfahrens die Gewährung freier Kur und Verpflegung in einem Krankenhause 
(bei der Seeunfallversicherung an Bord eines Fahrzeuges) unter denselben Be- 
dingungen wie bei der Krankenversicherung und unter Gewährung des halben 
Krankengeldes an die Angehörigen eintreten. Die Rente beträgt im Falle gänz- 
licher Erwerbsunfähigkeit für die Dauer derselben 66 / Procent des Arbeits- 
verdienstes, im Falle theilweiser Erwerbsunfähigkeit für die Dauer derselben einen 
Bruchtheil dieser Rente, der nach dem Maße der verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu 
berechnen ist. Dem Verletzten und seinen Hinterbliebenen steht ein Anspruch (nur 
in dem Falle) nicht zu, wenn der Verletzte den Betriebsunfall vorsätzlich herbei- 
geführt hat. Einer Operation sich zu unterwerfen, kann der Unfallverletzte nicht 
gezwungen werden. Vom Beginn der fünften Woche nach Eintritt des Unfalls 
bis zum Ablauf der vierzehnten Woche ist das Krankengeld, welches den durch 
einen Unfall verletzten Personen auf Grund des Krankenversicherungsgesetzes gewährt 
wird, auf mindestens zwei Drittel des bei der Berechnung zu Grunde gelegten 
Arbeitslohnes zu bemessen. Die Differenz zwischen diesen zwei Dritteln und dem 
(niedrigeren) Krankengeld ist der betheiligten Krankenkasse von dem Unternehmer 
desjenigen Betriebes zu erstatten, in welchem der Unfall sich ereignet hat. 
Im Falle der Tödtung? ist als Schadensersatz außerdem zu leisten: 1) als 
Ersatz der Beerdigungskosten das Zwanzigfache des für den Arbeitstag ermittelten 
Verdienstes, bezw. ein Fünfzehntel des Jahresarbeitsverdienstes, jedoch mindestens 
30 Mark?; 2) eine den Hinterbliebenen des Getödteten vom Todestage an zu ge- 
währende Rente. Diese beträgt für die Wittwe des Getödteten bis zum Tode oder 
der Wiederverheirathung zwanzig Procent, für jedes hinterbliebene vaterlose Kind 
bis zu dessen zurückgelegtem fünfzehnten Lebensjahre fünfzehn Procent und, wenn 
das Kind auch mutterlos ist oder wird, zwanzig Procent des Arbeitsverdienstes. 
Die Renten der Mutter und der Kinder dürfen zusammen sechzig Procent des 
Arbeitsverdienstes nicht übersteigen; ergiebt sich ein höherer Betrag, so werden die 
einzelnen Renten im gleichen Verhältnisse gekürzt. Im Falle der Wieder- 
verheirathung erhält die Wittwe den dreifachen Betrag ihrer Jahresrente als 
Abfindung. Der Anspruch der Wittwe ist ausgeschlossen, wenn die Ehe erst nach 
dem Unfall geschlossen worden ist. Die Concubine hat keinen Anspruch; ebenso- 
wenig uneheliche Kinder, wenn ihr natürlicher Vater (wohl aber, wenn ihre Mutter) 
im Betriebe oder in Folge des Betriebes getödtet ist. Die Ascendenten des Ver- 
storbenen erhalten, wenn dieser ihr einziger Ernährer war, d. h. sie vor der 
Dürftigkeit geschützt hat, bis zu ihrem Tode oder bis zum Wegfall der Bedürftigkeit 
zwanzig Procent des Arbeitsverdienstes. Ascendenten näheren Grades schließen die 
Ascendenten ferneren Grades aus. Wenn und soweit die Wittwe und die Kinder 
sechzig Procent des Arbeitsverdienstes erhalten, haben Ascendenten keinen Anspruch. 
Die Hinterbliebenen eines Ausländers, welcher zur Zeit des Unfalls nicht im In- 
lande wohnte, haben keinen Anspruch auf die Rente. Ausländer, die Anspruch auf 
Unfallrente haben, können mit dem dreifachen Jahresbetrage abgefunden werden. 
Die Unfallversicherung erfolgt auf alleinige Kosten der Betriebsunternehmer, 
unter Ausschluß der Privatversicherungsgesellschaften. Das Reich und die Bundes- 
staaten müssen als Unternehmer die Versicherung selbst übernehmen bei den Be- 
trieben der Marine und Heeresverwaltung, der Post, Telegraphie und Eisenbahnen; 
sie können sie übernehmen bei denen der Binnenschifffahrt, Flößerei, Krahnen und 
Fähren, der Hoch= und Tiefbauten aller Art, der Land= und Forstwirthschaft und 
der Seeschifffahrt. Bei den übrigen Betrieben, auch den Staatsbetrieben, erfolgt 
die Versicherung durch die auf Gegenseitigkeit beruhenden Berufsgenossen- 
  
1 S. auch §§ 6, 7, 8 des Gesetzes vom untergegangen oder verschollen ist. 
11. Juli 1887. 2 Vagl. Unfallversicherungsgesetz S5 6 und 
2 Bei Seeleuten besteht der Anspruch auf die land= und forstwirthschaftliches #e#n vgl. indeß 
Rente auch, wenn das Schiff seit einem Jahre] Seeleuteversicherungsgesetz § 13, Abf. 1.
	        
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