20 Erstes Buch. Entstehung des heutigen Deutschen Reiches.
— Menbaren Aehnlichkeit mit der heutigen Reichsverfassung Folgendes von
ntereffe:
§ 1. „Das Deutsche Reich besteht aus dem Gebiete des bisherigen Deutschen
Bundes.
§ 2. Hat ein deutsches Land mit einem nicht deutschen Lande dasselbe
Staatsoberhaupt, so soll das deutsche Land eine von dem nicht deutschen Lande ge-
trennte Verfassung, Regierung und Verwaltung haben ½.
§ 5. Die einzelnen deutschen Staaten behalten ihre Selbstständigkeit, soweit
dieselbe nicht durch die Reichsverfassung beschränkt ist; sie haben sämmtliche
Hoheiten und Rechte, soweit diese nicht der Reichsgewalt ausdrücklich über-
tragen find.
§ 6. Die Reichsgewalt ausschließlich übt dem Auslande gegenüber die völker-
rechtliche Vertretung Deutschlands und der einzelnen deutschen Staaten aus.
Die Reichsgewalt stellt die Reichsgesandten und Confuln an.
§ 10. Der Reichsgewalt ausschließlich steht das Recht des Krieges und
Friedens zu.
§*# 11. Der Reichsgewalt steht die gesammte bewaffnete Macht Deutschlands
zur Verfügung.
§ 13. Die Reichsgewalt ausschließlich hat in Betreff des Heerwesens die
Gesetzgebung und die Organisation; sie überwacht deren Durchführung in den ein-
zelnen Staaten durch fortdauernde Controle.
§ 18. Der Reichsgewalt steht die Befugniß zu, Reichsfestungen und Küsten-
vertheidigungswerke anzulegen und, soweit die Sicherheit des Reiches es erfordert,
vorhandene Festungen zu Reichsfestungen zu erklären.
§ 19. Die Seemacht ist ausschließlich Sache des Reiches. Der Reichsgewalt
liegt die Sorge für die Ausrüstung, Ausbildung und Unterhaltung der Kriegsflotte
und die Anlegung, Ausrüstung und Unterhaltung von Kriegshäfen und See-
arsenalen ob.
§ 24. Die Reichsgewalt hat das Recht der Gesetzgebung und der Oberaussicht
über die in ihrem schiffbaren Laufe mehrere Staaten durchströmenden oder be-
grenzenden Flüsse und Seen und über die Mündungen der in dieselben fallenden
Nebenflüsse, sowie über die Schifffahrtsbetriebe und die Flößerei auf denselben.
Die Reichsgewalt ist befugt, die Einzelstaaten zu gehöriger Erhaltung der
Schiffbarkeit (auch) der (ihnen unterstellten) Wasserstraßen anzuhalten.
§ 28. Die Reichsgewalt hat über die Eisenbahnen und deren Betrieb, soweit
es der Schutz des Reiches oder das Interesse des allgemeinen Verkehrs erheischt,
die Oberaussicht und das Recht der Gesetzgebung. Ein Reichsgesetz wird bestimmen,
welche Gegenstände dahin zu rechnen find.
§ 31. Die Reichsgewalt hat über die Landstraßen die Oberaussicht und das
Recht der Gesetzgebung, soweit es der Schutz des Reiches oder das Interesse des
allgemeinen Verkehrs erheischt. Ein Reichsgesetz wird bestimmen, welche Gegen-
stände dahin zu rechnen sind.
§ 32. Die Reichsgewalt hat das Recht, soweit sie es zum Schutze des Reiches
oder im Interesse des allgemeinen Verkehrs für nothwendig erachtet, zu verfügen,
daß Landstraßen und Canäle angelegt, Flüsse schiffbar gemacht oder deren Schiff-
barkeit erweitert werde.
§s 33. Das Deutsche Reich soll ein Zoll= und Handelsgebiet bilden, um-
geben von gemeinschaftlicher Zollgrenze, mit Wegfall aller Binnengrenzzölle.
Die Aussonderung einzelner Orte und Gebietstheile aus der Zolllinie bleibt
der Reichsgewalt vorbehalten.
§ 34. Die Reichsgewalt ausschließlich hat die Gesetzgebung über das ge-
sammte Zollwesen, sowie über die gemeinschaftlichen Productions= und Verbrauchs-
steuern. Welche Productions= und Verbrauchssteuern gemeinschaftlich sein sollen,
bestimmt die Reichsgesetzgebung.
1 Dieser Paragraph hatte den Ausschluß eine auf dem Gedanken der Reichseinheit beruhende
Oesterreichs zur Folge, welches am 4. März 1849| Gesammtverfassung angenommen hatte.