g 32. VBom Maaß-, Gewichts-, Münz= und Bankwesen. 257
v. Treitschke in den Sten. Ber. des Reichstages 1871, II. Session, I. S. 257,
335 u. 337 aus. Als die richtige Ansicht erscheint, daß die Worte „Ordnung des
Münzsystems“ so weit wie möglich gefaßt sind und daher sowohl Raum für die
Ansicht lassen, daß das Reich selbst Münzen prägen darf, wie für die, daß es die
Prägung den Einzelstaaten überträgt. Früher war das Münzregal wegen der
Willkür des prägenden Staates in Bezug auf die Menge des Metalls und der
von seinem Belieben abhängigen Prägegebühr mit großen Einkünften verknüpft.
Heute ist es für die Münzen prägenden deutschen Staaten ein nudum jus, da die
Münzprägung der Einzelstaaten nach Gesetz, Verordnung und Auftrag, wie auf
Kosten, für Rechnung und unter Aufsicht des Reiches und endlich sogar nur auf
Specialauftrag des Reiches aus dem vom Reiche gelieferten Metall gegen eine
vom Reiche festgesetzte minimale Prägegebühr erfolgt!. Die Münzprägung der
Einzelstaaten hat also weder thatsächlich noch rechtlich mehr Bedeutung, als wenn
das Reich die Münzen bei einem „Gold= oder Silberfabrikanten“ oder unmittelbar
vornehmen läßt. Die einzige moralische und politische Bedeutung wohnt dem Um-
stande bei, daß die Reichsgoldmünzen und die Reichssilbermünzen über eine Mark
auch das Bildniß des Landesherrn, beziehungsweise das Hoheitszeichen der freien
Städte, tragen dürfen, in deren Gebiet die Prägestätte liegt. Dies ist aber in der
Sache nur und sollte nur sein „ein Act äußerer Rücksichtnahme“, „eine den be-
treffenden Einzelstaaten gemachte bundesfreundliche Concession“, „aus welcher weiter
gehende materielle Ansprüche nicht abzuleiten find“". (Fürst Bismarck in den
Sten. Ber. des Reichstages 1871, II. Session, I S. 337.) Hiernach besitzt unstreitig
und zweifellos das Reich die Münzhoheit, d. h. die ausschließliche Befugniß
zur Ordnung und Regelung des Münzwesens. Dagegen muß bestritten werden,
daß, wie meist behauptet wird, die Einzelstaaten das Münzmonopol haben. Dies
hätten sie, wenn nach ihrem Ermessen und für ihre Rechnung und nach den von
ihnen aufgestellten Normen die Münzen allein von ihnen geprägt würden. Das
Monopol hat zum Inhalte das ausschließliche Recht, aus eigener Befugniß
Handlungen vorzunehmen, z. B. Salz zu verkaufen, Spielkarten zu fabriciren,
und zwar zu dem Monopolinhaber freistehenden Preisen und in beliebigen Mengen.
Monopolinhaber ist nicht, wer im fremden Auftrage und für fremde Rechnung —
wenn auch nur mit gewissen anderen Rechtssubjecten — gegen eine von seinem Willen
unabhängige Gebühr bestimmte ihm aufgetragene Handlungen vornehmen muß.
Das Münzwesen des Deutschen Reiches beruht auf dem bereits erwähnten
Gesetze vom 4. Dezember 1871, dem Münzgesetze vom 9. Juli 1873 (R.-G.-Bl.
1873, S. 233) nebst Nachtrag vom 1. April 1886 (R.-G.-Bl. 1886, S. 67) und
dem Bankgesetze vom 14. März 1875 (R.-G.-Bl. 1875, S. 177)2.
§ 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871 ordnete an, daß eine Reichsgold-
münze ausgeprägt werden sollte, und zwar, daß aus einem Pfunde feinen Goldes
139½ Stück Zehnmarkstücke auszubringen find. § 2 bestimmte, daß der zehnte
Theil dieser Goldmünze die Benennung Mark führen und in 100 Pfennige ein-
getheilt werden sollte. Art. 1 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1878 schrieb vor,
daß an die Stelle der in Deutschland geltenden Landeswährungen die Reichswährung
tritt, deren Einheit die Mark bildet. Gemäß § 3 des Gesetzes vom 4. Dezember
1871 sollen auch Zwanzigmarkstücke (69¾ aus einem Pfunde feinen Goldes, und
nach Art. 2 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873 können auch Reichsgoldmünzen
zu 5 Mark (279 Stück aus einem Pfunde feinen Goldes) geprägt werden. Das
Mischungsverhältniß der Reichsgoldmünzen ist auf 900 Tausendtheile Gold und
100 Tausendtheile Kupfer festgesetzt .
1 Gesetz, betr. die Ausprägung. von Reichs= tungsrecht, S. 6665, Seydel, Bayer. Staats-
zoldmünzen, vom 4. Dezember 1871, § 6 (R.= secht, V, S. 559 Kock- in v. Holtzendorff's
Bl. 1871, S. 404), Münzeset vom 9. 1Ih Hechleiton. II. S. 824
1873 (R.-G.-Bl. 1878, S. 238), Art. 4 des ien vom 4. Dezember 1871,
a. a. O. Art. 2 des Münzgesetzes vom 9. Juli 1873.
: Laband, II, § 76, Löning, Verwal-
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 17