Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

288 Sechstes Buch. Berkehrswesen. 
bestimmen 1 — und zwar vom Ursprungsort nach dem Bestimmungsort. Ersterer 
ist der Ort, wo sie ausgegeben wird und erscheint, nicht jeder sonstige Absendungsort 7. 
Untersagt ist die Beförderung gegen Bezahlung. Letzteres ist jede ver- 
mögensrechtliche Gegenleistung, gleichviel, von wem sie erfolgt, auch z. B. die Ab- 
gabe eines Freiexemplars?. 
Beförderung im Sinne des § 1, Nr. 1 des Postgesetzes umfaßt den In- 
begriff der Handlungen, welche dazu dienen, den Brief an den vom Absender be- 
stimmten Empfänger gelangen zu lassen, und zwar von der Entgegennahme zum 
Behufe des Transports bis zur Abgabe an den Adressaten“. 
Der Postzwang bezieht sich nach § 1 des Gesetzes vom 28. Oktober 1871 nur 
auf die Beförderung von Orten mit einer Postanstalt nach Orten mit einer Post- 
anstalt. „Unter Postanstalt ist jede Posteinrichtung zu verstehen, welche mindestens 
Briefe sammelt und vertheilt. Bloße Briefkasten und Briessammlungen fallen 
nicht hierunter“ 5. 
Nach dem Gesetze vom 28. Oktober 1871 begreift der Postzwang nicht den 
Verkehr innerhalb desselben Ortes. Nach Art. 2 des Gesetzes, betr. einige 
Aenderungen von Bestimmungen über das Postwesen, vom 20. Dezember 1899 
(R.-G.-Bl. 1899, S. 715) finden vom 1. April 1900 ab die Vorschriften des Gesetzes 
über den Postzwang (§§ 1, 27, 30—33) auch auf verschlossene und solchen gleich zu 
achtende Briefe Anwendung finden, die innerhalb der Gemeindegrenzen ihres mit einer 
Postanstalt versehenen Ursprungsortes verbleiben. 
Wenn Briefe und politische Zeitungen vom Auslande eingehen und nach in- 
ländischen Orten mit einer Postanstalt bestimmt sind, oder durch das Gebiet des 
Deutschen Reiches transitiren sollen, so müssen sie (wenn die Beförderung gegen 
Bezahlung erfolgt) bei der nächsten inländischen Postanstalt zur Weiterbeförderung 
eingeliefert werden (§ 1, Abs. 2 des Ges.), indeß nur, wenn sie weiter befördert, 
nicht wenn sie in dem ersten inländischen Postorte bleiben sollen #. Strafbar ist, 
wer in einem Orte des Deutschen Reiches mit einer Postanstalt eine größere Anzahl 
Briefe in einer Kiste verpackt und nach einem Orte mit einer Postanstalt, welcher 
außerhalb des Deutschen Reiches in einem zum Weltpostvertrag gehörigen Staate 
liegt, nicht als Postgut versendet 7. 
Es ist (& 2 des Gesetzes) gestattet, postzwangspflichtige Briefe und Zeitungen 
gegen Bezahlung durch expresse Boten oder Fuhren befördern zu lassen. Das 
Gesetz fügt hinzu, daß ein solcher expresser Bote nur von einem Absender abgeschickt 
sein und dem Postzwange unterliegende Gegenstände weder von Anderen mitnehmen, 
noch für Andere zurückbringen darf. Dagegen ist nach Art. 2 des vorerwähnten 
Gesetzes vom 20. Dezember 1899 die Beförderung von verschlossenen Briefen im 
Ursprungsorte gegen Bezahlung durch Boten, welche weder die Einsammlung von 
Briefen, Karten, Drucksachen, Zeitungen und Zeitschriften oder Waarenproben ge- 
werbsmäßig betreiben, noch im Dienste einer Privatbeförderungsanstalt stehen, ohne 
Einschränkung gestattet. Privatbeförderungsanstalten dürfen (aber nur) in eigener 
Angelegenheit verschlossene Briefe durch ihre Bediensteten befördern lassen. Anstalten 
zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder Vertheilung von unverschlossenen 
Briefen, Karten, Drucksachen und Waarenproben, die mit der Aufschrift bestimmter 
Empfänger versehen sind, dürfen nach Art. 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1899 vom 
1. April 1900 ab nicht betrieben werden. Zuwiderhandlungen sind strafbar. Abgesehen 
von den bezeichneten Anstalten ist die Beförderung von unverschlossenen politischen 
  
1 Entsch, des Rceichsger. in Straff., BVd. IV, 5 Motive zum Postgesetz S. 22. 
S. 337. * Dambach, Comm., S. 24. 
2 Es ist daher unstatthaft, z. B. die Köl- 
nische Zeitung von Berlin aus anders als durch 
die Post zu befördern; vgl. auch Entsch. des 
Reiche ger., Bd. IV, S. 337. 
Val. Gutsch. des Reichsger. in Strafs., Bd. 
XIX, S. 109. 
Entsch. des Reichsger. in Straff., Bd. XVIII, 
S. 4, Md. XXV, S. 20, Vd. XNVII, S. 257. 
  
7 Erk. des Neichsger. vom 24. Januar 1894, 
Entsch. in Straff., Bd. XXX, S. 424. 
§5 Expreß bedeutet, daß sich der Bote gerade 
und nur in Anlaß und zum Zwecke der Aus- 
richtung dieses Besörderungsauftrages von einem 
Orte an einen anderen begiebt; Erk. des Reichs- 
gerichts vom 16. Dez. 1829, Entsch. in Straff. 
Bd. XX, S. 124.
	        
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