Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 34. Postwesen. 289 
Zeitungen innerhalb der Gemeindegrenzen eines Ortes, insbesondere auch, wenn fie 
durch die Post oder durch Expreßboten dorthin befördert werden, Jedermann ge- 
stattet, anch an Sonn= und Feiertagen während der Stunden, in denen die Post 
bestellt. Den vor dem 1. April 1898 eingerichteten und seitdem bis zum 20. De- 
zember 1899, dem Tage der Verkündigung der Novelle, ohne Unterbrechung be- 
triebenen Privatpostbeförderungsanstalten und ihren Bediensteten soll nach gewissen 
Normen Entschädigung gewährt werden, welche event. durch ein aus drei Mitgliedern 
des Reichsgerichts gebildetes Schiedsgericht festgesetzt wird (Art. 4 des Gesetzes vom 
20. Dezember 1899). 
Weiter als der Postzwang reicht die Pflicht der Post zur Beförderung. Nach 
l 8 des Gesetzes darf sie die Annahme und Beförderung aller postordnungsmäßigen 
Sendungen, das find solche, bei denen die Bestimmungen des Postgesetzes und der 
Postordnung beobachtet find, also die Beförderung von Briefen, Karten, Packeten u. s. w., 
und zwar selbst unfrankirten, nicht verweigern!. Es ist aber auch anzunehmen, 
daß sie die Beförderung von Personen nicht ablehnen darf, sobald die bezüglichen 
Vorschriften der Postordnung erfüllt find. Sendungen von offenbar verfügungs- 
unfähigen und als solche der Post bekannten Personen braucht die Post nicht zu 
befördern 3. § 3 des Postgesetzes bestimmt sodann, daß keine im Gebiete des 
Deutschen Reiches erscheinende politische (oder sonstige) Zeitung vom Postdebit 
ausgeschlossen und daß ebensowenig bei der Normirung der Provifion, welche für die 
Beförderung und Debitirung der im Gebiete des Deutschen Reiches erscheinenden 
Zeitungen zu erheben ist, nach verschiedenen Grundsätzen verfahren werden darf, 
und daß die Post die Annahme der Pränumeration auf die Zeitungen, sowie den 
gesammten Debit derselben besorgen muß. Das Rechtsverhältniß zwischen Post, 
Zeitungsverleger und Zeitungsabonnent wird verschieden beurtheilt. Das Reichs-Ober- 
Handelsgericht" sieht darin zwei Verträge, den, welchen der Abonnent bei deren 
Bestellung, und den, welchen die Post mit dem Verleger abschließt; letzterer Vertrag 
stelle „ein Frachtgeschäft in Verbindung mit einem Mandate von der Art der 
buchhändlerischen Kommissionsgeschäfte dar". Löning, Verwaltungsrecht, S. 606, 
glaubt, daß beim Zeitungsvertrieb drei Verträge abgeschlossen werden. In Wahr- 
heit schließt die Post keinen Vertrag ab, sie leistet im öffentlichen Interesse gewisse 
Dienste, deren Vorbedingung und Folgen durch zwingende Rechtsnormen geregelt 
sind. Insbesondere besorgt sie kein Transportgeschäft im Sinne des Handelsgesetz- 
buchs und folglich haftet sie im Falle des Verlustes oder der Beschädigung der 
Zeitung nicht nach Handels= oder Civilrecht 5; aber auch nicht nach dem öffentlichen 
Recht, da dieses eine Garantie für diesen Fall nicht vorschreibt. 
Die Post befördert (ohne Verpflichtung dazu) auch Freiexemplare; ebenso 
debitirt sie auch nichtpolitische Zeitungen. Die Verpflichtung, politische Zeitungen 
nicht vom Postdebit auszuschließen, besteht nur für den Fall, daß an sich dieser 
Debit gestattet ist. Dies ist er für inländische Zeitungen im Geltungsgebiete des 
Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (N.-G.-Bl. 1874, S. 65); in Elfaß- 
Lothringen können die Landesbehörden sowohl deutsche wie ausländische Zeitungen 
verbieten. In Elsaß-Lothringen dürfen hiernach solchergestalt verbotene Zeitungen 
an die Abonnenten durch die Post nicht ausgehändigt werden 6. 
Auch die ausländischen Zeitungen müssen von der Post debitirt werden. „Ist 
jedoch" (§ 14, Abs. 1 des Preßgesetzes vom 7. Mai 1874) „gegen eine Nummer 
(Stück, Heft) einer im Auslande erscheinenden periodischen Druckschrift binnen 
Jahresfrist zwei Mal eine Verurtheilung auf Grund der §§ 41 und 42 des 
Strafgesetzbuchs erfolgt, so kann der Reichskanzler innerhalb zwei Monaten nach 
Eintritt der Rechtskraft des letzten Erkenntnisses das Verbot der ferneren Verbreitung 
dieser Druckschrift bis auf zwei Jahre durch öffentliche Bekanntmachung aussprechen.“ 
1 Sten. Ber. des Reichtages 1871, S. 681, 4 Entsch. Bd. XXIII, S. 10. 
S. 735. 5 Anderer Ansicht u. A. Dambach, S.333. 
: Sten. Ber. des Reichstages 1871, S. 691 ff.) " Ebenso Laband, II, S. 56, Anm.; s. Sten. 
Dambach, S. 30, Postordnung § 51. Ber. des Reichstages 1877, S. 803 ff. 
* Dambach, S. 31. I 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 19
	        
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