Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

316 Sechstes Buch. Berlehrswesen. 
bis 31 und bezüglich der Friedensleistungen in § 15 des Gesetzes vom 
13. Februar 1875 (R.-G.-Bl. 1875, S. 52) erfahren 1. 
Keinerlei Verordnungsbefugnisse stehen dem Reiche zu bezüglich der Con- 
cessionirung von Eisenbahnen oder der Vorarbeiten zu deren Anlegung. Diese 
Materie ist noch lediglich der Landeszuständigkeit verblieben, da der Entwurf eines 
Reichs-Eisenbahngesetzes im Bundesrath gescheitert ist. Eisenbahnen bedürfen zu ihrer 
Anlegung einer landesherrlichen Concession, diese stellt ein Privileg dar . Es 
bedarf der Ausstellung eines Privilegs, weil der öffentliche Betrieb der Eisenbahn 
zwischen verschiedenen Orten in die landesherrlichen Regalrechte eingreift (§§ 141, 142, 
Theil II, Tit. 15 des Allgemeinen Landrechts, § 36 des preußischen Eisenbahn- 
gesetzes vom 3. November 1888). Die Ertheilung oder Versagung eines solchen 
Privilegs ist eine res merae facultatis; deshalb hängt es auch allein vom Er- 
messen der Landesregierung ab, ob und welche Bedingungen sie dem Privilegirten 
auferlegen will. In den Eisenbahngesetzen wie in den Bedingungen ist dem 
Staate vorbehalten, das Eigenthum der Bahn nach Verlauf einer gewissen Zeit 
(30 Jahren) unter festgesetzten Bedingungen zu erwerben. Von diesem Rechte ist, 
sobald es anging, Gebrauch gemacht. Die Staaten haben aber auch sonst ihren 
Einfluß als Concurrenten, namentlich ihre Mitwirkung bei Tariffestsetzungen, Er- 
bauungen weiterer Linien, Rücklagen zum Reservefonds und dergl., benutzt, um die 
Eisenbahngesellschaften zum Verkauf ihrer Unternehmungen zu veranlassen. Solcher- 
gestalt find die weitaus meisten und wichtigsten Eisenbahnen von den Bundes- 
staaten erworben worden. Der preußische Staat ist durch Gesetz, betreffend die 
Uebertragung der Eigenthums- und sonstigen Rechte des Staates an Eisenbahnen 
auf das Deutsche Reich vom 4. Juni 1876 (G.-S. 1876, S. 161), berechtigt, die 
ihm gehörigen Eisenbahnen an das Reich abzutreten. Dieses Gesetz hatte den 
Uebergang aller oder doch aller wichtigen Eisenbahnen an das Reich zu seinem 
Endziele. Indeß besteht zu dessen Verwirklichung vorerst keine Aussicht. 
Das Reich hat hauptsächlich wegen der Frage, ob seine Betriebs= oder Ver- 
kehrsordnungen und seine Normen über Ausrüstung u. s. w. Anwendung finden, zu 
prüfen und in letzter Instanz endgültig darüber zu entscheiden, ob eine concesfionirte 
Eisenbahn eine dem allgemeineren oder nur dem lokalen Verkehre dienende ist, 
auch ob sie aufgehört hat, nur dem lokalen Verkehre zu dienen und nunmehr dem 
gemeinsamen Verkehre dient (Art. 7, Ziff. 3 der Reichsverfassung) . Dient die 
Eisenbahn dem gemeinsamen Verkehre, so hat der Bundesrath in letzter Instanz 
und endgültig darüber zu befinden, ob sie als Vollbahn oder als Nebenbahn auf- 
zufassen ist, während das Reichs-Eisenbahnamt zu entscheiden hat, ob die Vor- 
schriften der Reichsverfassung und die auf deren Grundlage errichteten Bundesraths- 
verordnungen, die Verkehrs-, die Betriebs-, die Signalordnung u. s. w. in allen 
Fällen von den Eisenbahnen befolgt find. Das Reichs-Eisenbahnamt hat solche 
Entscheidungen bezüglich der bayerischen Eisenbahnen nicht zu treffen, da das Reich 
nur in den Fällen der Art. 41, 46, Abs. 3, und 47, also namentlich in den Fällen 
der Art. 42, 43, 44 und 45 der Reichsverfassung nicht für Bayern zuständig ist. 
Schließlich ist noch Folgendes anzuführen: 
Die Eisenbahnen haben je länger, je mehr, namentlich durch ihre Verstaat- 
lichung, die Reglementirung des Betriebes und die Vorschriften des Handelsgesetz- 
buchs vom 10. Mai 1897 von dem Charakter öffentlicher Verkehrsinstitute an- 
genommen und von dem Charakter, Erwerbsunternehmen zu sein, verloren. Sie 
find indeß nicht, wie die Post, im rechtlichen Sinne reine Verkehrsanstalten, und 
zwar namentlich aus folgenden Gründen nicht: 1) Ihre Anlegung beruht mehr 
als bei der Post auf der Absicht, Vortheil zu ziehen; die Post errichtet dagegen viele 
Anstalten, nur um dem Publicum und dem Verkehre zu dienen; 2) die Eisen- 
bahntarife beruhen wesentlich aus der Absicht, Gewinn zu machen; die Post stellt 
1 Siehe Arndt, Komm. zur Reichsverf., weit sie den Verkehr zwischen mehreren Orten 
S. 211, und weiter unten. vermitteln. 
2 Auch bei den sog. Kleinbahnen Arndt, 2* Siehe Arndt, im Arch. f. öff. Recht, Bd. 
im Arch. f. öff. Recht, Bd. XI, S. 381 ff.), so-IXI, S. 384.
	        
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