Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

324 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
Sie kommt aber nur deshalb thatsächlich nicht vor, weil die Exekutive sich wohl 
bewußt ist, daß nach den Artikeln 111 und 115 der Verfassung eine solche Ver- 
weigerung statthaft ist und unfehlbar eintreten wird, wenn sich die Regierung in 
fortdauernden Widerspruch zum Parlament setzen sollte. 
Das preußische Budgetrecht. 
Die jährliche Aufstellung eines Staatshaushaltsetats ist viel älter als die 
constitutionelle Verfassung; sie hat in Preußen schon unter König Friedrich Wil- 
helm I. stattgefunden. Hier bestand seit 1714 eine Abrechnungskammer, bei der 
Gründung (am 2. Oktober 1714) „General-Rechen-Kammer“ genannt 1. Die erste 
vorhandene? Instruction für dieselbe erwähnt auch der General= und Provinzial- 
Etats, bestimmt aber nicht, daß nur die in den Etats aufgeführten Ausgaben und 
Einnahmen rechtsgültig gemacht werden dürfen, vielmehr soll „Alles paffiren, was 
durch Sr. Moajestät eigene Hand und Unterschrift oder sonst von denen Collegiis 
auf eine zugängliche und von Sr. Königlichen Majestät approbirte Weise autorifiret 
ist,“ während für Anderes die Kammer und deren „Membra“ „responsable sein 
müssen . 7 Noch klarer ist die Instruction Friedrich des Großen vom 30. Mai 1768“4: 
X . .... „Bey der Einnahme ist entweder ein Etat, nach welchem dieselbe 
geschehen soll, oder nicht. Im ersteren Falle muß der Rath den Etat nachsehen, 
und ob die Einnahme nach demselben auch wircklich geschehen ist.“ 
„Sind unvermeidliche Ausfälle bey dem Etat entstanden; So müssen solche 
bey der Ausgabe in Abgang gebracht, und deren Richtigkeit durch Ordres zur 
Ausgabe und sichere Atteste dargethan, auch im Falle über den Etat etwas ein- 
genommen worden, mit Ordres zur Einnahme beleget werden.“ 
„Ist kein Etat vorhanden, wonach die Einnahme geschiehet; So muß dieselbe 
nach Beschaffenheit der Objectorum hinreichend justificiret, und in beyden Fällen, 
es sey ein Etat oder nicht, durch glaubhafte Atteste oder sonst docomentiret werden, 
daß so viel, als zur Einnahme gestellet, und ein mehreres nicht eingenommen 
worden, wobey die ungesäumte Beytreibung der etwan ausstehenden Reste zu urgiren, 
und überhaupt auf die Münz-Sorten zu attendiren ist.“ 
XII. „Bey der Ausgabe ist gleichfalls entweder ein Etat, wornach dieselbe 
geschehen soll oder nicht; Im ersteren Falle muß der Rath es nicht dabey bewenden 
lassen, daß die Etatsmäßige Ausgabe allein durch Quittungen beleget ist, sondern 
er muß auch examiniren, ob die Gelder wirklich zu dem destinirten Behuf angewendet 
worden, und ob dabey nicht etwas zu menagiren gewesen, welches sonderlich auch 
bey Bauten statt hat. Findet der Rath, daß etwas menagiret werden können; So 
muß er solches gehörig moniren. Sind Ausgaben über den Etat geschehen, so müssen 
der Rechnung auch die Approbatoria und Dechargen darüber beygefüget werden, 
wobey der Rath wieder zu attendiren hat, ob auch die Ausgabe über den Etat 
nothwendig gewesen, und ob nicht etwas dabey menagiret werden können, welchen- 
falls er solches moniren muß 
„Ist kein Etat vorhanden, so muß alles durch Ordres und Ouittungen justi- 
ficiret werden, und im übrigen, wie bey den Ausgaben über den Etat verordnet 
worden, verfahren werden.“ 
Dem Sinne nach gleiche Bestimmungen finden sich in der Instruction vom 
2. November 1786, Sect. Nr. 2 bis 4 und in derjenigen vom 18. Dezember 1824, 
§§ 3, 5 und 10 a. a. O.“. In der Instruction vom 13. Februar 1770 ist unter 
§ 12 Folgendes vorgeschrieben?: 
„Es wird hierdurch ein für allemahl festgesetzet, daß ein jeder Rendant 
sich schlechterdings nach dem Etat richten und denselben in der Ausgabe 
nicht übersteigen soll; Widrigenfalls das mehr ausgegebene defectiret werden 
  
  
1 Hertel, Die preußische Ober-Rechnungs- *. Hertel, S. 23. 
kammer, Berlin 1884, S. 9 ff. 4* Hertel, S. ###l# 
2 An sich die zweite, die erste ist nicht mehr 5 Hertel, S. 85, 130 ff. 
aufzufinden. 6⅜ ertel, S. 66.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.