Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

5 37. Die Reichsstenern. 345 
Die Verbrauchsabgabe beträgt für das Liter reinen Alkohols von dem con- 
tingentirten Betrage 501 und von dem nicht contingentirten Betrage 
70 Pfennig (§ 1). Der geringere Satz gilt für eine Jahresmenge, welche im 
Gebiete der ehemaligen Branntweinsteuergemeinschaft für den Kopf der bei der 
jedesmaligen letzten Volkszählung ermittelten Bevölkerung 4,5 Liter reinen Alkohols, 
in Bayern, Württemberg, Baden und Hohengollern 8 Liter reinen Alkohols beträgt. 
Bei Feststellung dieser Jahresmenge (Gesammtcontingent) bleibt der von der Ver- 
brauchsabgabe befreite Branntwein außer Ansatz. Es kommt nur der verbrauchs- 
abgabepflichtige Inlandsverbrauch in Betracht. 
Die Gesammtjahresmenge, von welcher der niedrigere Betrag zu entrichten ist, 
sowie der Betrag des niedrigeren Abgabensatzes selbst sollen alle fünf Jahre einer 
Revifion unterzogen (§ 1), in jedem der süddeutschen Staaten aber nur mit dessen 
Zustimmung geändert werden (Art. II des Gesetzes vom 4. April 1898). 
Die Jahresmenge Branntwein, welche zu dem niedrigeren Satze zu besteuern 
ist, wurde auf die einzelnen, am 1. April 1887 vorhandenen Brennereien vertheilt. 
In gleicher Weise wird von fünf zu fünf Jahren verfahren. Neu entstandene ge- 
werbliche Brennereien? und landwirthschaftliche Brennereien, welche in gewerbliche 
umgewandelt werden, nehmen an der zum niedrigeren Steuersatz herzustellenden 
Jahresmenge keinen Theil. Die Feststellung der auf jede einzelne Brennerei ent- 
fallenden Menge, die zu dem niedrigeren Steuersatz hergestellt werden darf, erfolgt 
durch die Landesregierung nach näherer Vorschrift der vom Bundesrath erlassenen 
Ausführungsvorschriften E. 
Der Brennereibesitzer kann die Verbrauchsabgabe zum höheren Abgabensatze 
berechnen und sie auf die Jahresmenge, die er zum niedrigeren Abgabensatz herstellen 
darf, anschreiben lassen. Er erhält über den Differenzbetrag Berechtigungsscheine, 
welche auf Geld lauten und von jedem Inhaber auf die zu entrichtende Branntwein- 
steuer statt baarer Zahlung in Anrechnung gegeben werden können. 
Von dem aus dem freien Verkehr Luxem burgs eingehenden Branntwein 
wird eine Uebergangsabgabe von 96 Mark für ein Hektoliter reinen Alkohols (§ 45) 
erhoben. Der Zoll für den aus dem Zollausland eingehenden Branntwein beträgt: 
1) für Liköre 180 Mark für je 100 Kilogramm, 2) für alle übrigen Branntweine 
a) in Fässern 125 Mark, b) in Flaschen, Krügen oder anderen Umschließungen 
180 Mark für je 100 Kilogramm (§ 44). 
Die Verbrauchsabgabe ist zu entrichten, sobald der Branntwein aus der steuer- 
lichen Controle in den freien Verkehr tritt. Zur Entrichtung der Abgabe ist Der- 
jenige verpflichtet, welcher den Branntwein zur freien Verfügung erhält. Gegen 
Sicherheitsbestellung ist die Abgabe zu stunden. Für eine Frist bis zu drei 
Monaten kann jedoch die Abgabe auch ohne Sicherheitsbestellung gestundet werden, 
falls nicht Gründe vorliegen, welche den Eingang gefährdet erscheinen lassen (§ 3). 
Zur Sicherung des vollständigen Eingangs der Verbrauchsabgabe find ein- 
gehende Bestimmungen über Anmeldung des Betriebes, der zum Betriebe dienenden 
Gefäße (die Kosten für die erstmalige Anschaffung der Sammelgefäße trägt die 
Crunntweinssenergemeinschaf und über die Controlirung der Brennereien getroffen 
88 5 bis 119. 
Jeder Wechsel im Besitze einer Brennerei ist der Steuerbehörde binnen einer 
Woche schriftlich anzuzeigen (§ 14). Haussuchungen können auch zur Nachtzeit 
vorgenommen werden. Die Abgabe verjährt in einem Jahre, der Anspruch auf 
Nachzahlung defraudirter Gefälle in drei Jahren (§ 16). 
Die Bestrafung der Defraudation erfolgt nach ähnlichen Grundsätzen, wie sie 
bei der Salzsteuer bestehen. In gewissen Fällen, z. B. wenn ohne den vor- 
geschriebenen, von der Steuerbehörde genehmigten Betriebsplan oder an anderen 
Tagen, in anderen Räumen oder unter Benutzung von anderen Destillirgeräthen 
als den in dem genehmigten Betriebsplan angemeldeten Branntwein gebrannt 
7# In der unterschiedlichen Behandlung wird 2 Insbesondere nach dem Beschlusse vom 
die sog. „Liebesgabe“ gefunden. 18. Juni 1890 (Reichs-Centralbl. 1890, S. 215). 
* Siehe weiter unten. —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.