Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

354 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
Der Anschluß Bremens wurde thatsächlich erst im Jahre 1888 perfect 1. Daß 
die bremischen Zollausschlüsse nicht ohne den Antrag Bremens aufgehoben werden 
können, ist zweifellos. Dagegen fehlt eine Vorschrift, welche dem § 1 des Gesetzes 
wegen Hamburgs vom 16. Februar 1882 entspricht. Daraus könnte an sich ge- 
folgert werden, daß über die nähere Abgrenzung des verbleibenden zollfreien Gebiets 
der Bundesrath die näheren Ausführungsvorschriften treffen darf. Indeß muß diese 
Folgerung als nicht zutreffend gelten, weil das verbliebene zollfreie Gebiet ver- 
tragsmäßig festgesetzt ist, also ohne Vertragsverletzung nicht einseitig verkürzt 
werden kann. 
Zu den in Art. 6 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 be- 
zeichneten Exclaven gehörten auch die Hafenanlagen bei Geestemünde. Es 
könnte die Frage ausgeworfen werden, ob Preußen ein Sonderrecht auf diesen Zoll- 
ausschluß in dem Sinne hat, daß er nur mit seiner Zustimmung abgeändert werden 
kann. Die Frage erledigt sich von selbst dadurch, daß ein Bundesrathsbeschluß 
schon nach der allgemeinen Vorschrift in Art. 37, Abs. 2 der Reichsverfassung gültig 
nur unter Zustimmung Preußens ergehen kann. 
Die Unterelbe mit den darin befindlichen Elbinseln ist durch Beschluß des 
Bundesraths vom 8. Dezember 1881 (Reichs-Centralbl. 1881, S. 464) in das 
Zollgebiet eingeschlossen. Zweifellos war hierzu der Bundesrath nach den obigen 
Ausführungen, namentlich mit Rücksicht auf Art. 7, Ziff. 3 der Reichsverfassung, 
an sich befugt. Es war indeß bemängelt worden, daß darin ein Verstoß gegen die 
Elb-Schiffahrtsakte vom 23. Juni 1821 (Preuß. Ges.-S. 1822, S. 10) liege, weil 
diese Akte die völlige Abgaben-, also auch die Zollfreiheit der Schiffahrt auf der 
Unterelbe zusicherte. Diese Bemängelung war ungerechtfertigt, weil diese Akte 
höchstens den Vertragsgenossen, nicht aber den Reichsunterthanen einen Einspruch 
hätte geben können 2. 
Auf der anderen Seite geht das deutsche Zoll= und Handelsgebiet über das 
Deutsche Reich hinaus. Das Großherzogthum Luxemburg hatte sich schon durch 
Vertrag vom 8. Februar 1842 dem Zollverein angeschlossen und diesen Vertrag 
am 20./25. Oktober 1865 erneuert. Der Anschluß war erfolgt an das „Zollsystem 
des Königsreichs Preußen und der mit diesem zu einem Zollvereine verbündeten 
Staaten“. In der Uebereinkunft vom 11. Juni 1872 wegen Uebernahme der Ver- 
waltung der Wilhelm-LuremburgSisenbahn durch die Kaiserlich deutsche Eisenbahn- 
verwaltung (R.-G.-Bl. 1872, S. 330), § 14, ist bestimmt, daß dieses Vertrags- 
verhältniß nicht vor dem 31. Dezember 1912 gekündigt werden kann. Uebrigens 
hatte Luxemburg weder im Zollverein in Zollangelegenheiten eine Stimme besessen, 
noch besitzt es eine solche im Deutschen Reiche. Es wurde und wird, soweit eine 
Vertretung im rechtlichen Sinne überhaupt besteht, durch Preußen vertreten. 
Zum Zollgebiete gehört sodann die tiroler (österreicher) Gemeinde Jungholz, 
welche durch Staatsvertrag zwischen Bayern und Oesterreich vom 3. Mai 18687 
dem bayerischen Zoll= und indirekten Steuersysteme angeschlossen ist. Endlich ist 
durch Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn vom 
2. Dezember 1890 (R.-G.-Bl. 1891, S. 59) die vorarlberger Gemeinde Mittel- 
berg dem Zoll= und indirekten Steuersystem des Reiches, sowie der bayerischen 
Bier= und Essigbesteuerung angeschlossen worden. 
Neue Zollanschlüsse können, da Art. 2 des Zollvereinigungsvertrages vom 
8. Juli 1867 nur von den bestehenden Zollanschlüssen spricht, nicht einseitig 
durch die einzelnen Bundesstaaten, sondern nur durch Reichsgesetz, bezw. auf Grund 
reichsgesetzlicher Ermächtigung erfolgen ö. Handelt es sich um den Einschluß in das 
Zollgebiet, so liegt eine Veränderung des Art. 833, Abs. 1 der Reichsverfassung vor, 
d. h. es bedarf eines verfassungsändernden Gesetzes". 
..— 
1 Reichs-Centralbl. 1888, S. 914. s. auch R. Delbrück, Art. 40, S. 8 f., Seydel, 
* Siehe auch Laband, II, S. 863. Comm., S. 225, G. Meyer, Verwaltungerecht, 
2 Seydel, Comm., S. 225. II, S. 323. 
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5 Ebenso Hänel, Staatsrecht, I, S. 670; Comm., S. 225.
	        
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