Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

862 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
z. B. der Cholera den Zuzug von Ausländern zu verbieten. Ist ein solches 
Verbot sanitärpolizeilich nothwendig, so kann es also nur von den Landes- 
behörden erlassen werden. 
Wer ist nun berechtigt, Namens des Reiches Ein= oder Ausfuhrverbote zu 
erlassen? Nach Art. 7, Ziff. 2 der Reichsverfassung und § 167 des Vereins- 
zollgesetzes ist dies der Bundesratht#. Verordnungen des Bundesrathes in 
Zollsachen können nur mit Zustimmung der Krone Preußen erlassen werden . Sie 
richten sich zugleich gegen das Ausland, indem fie die in Zoll= und Handelsverträgen 
grundsätzlich gewährte Aus= und Einfuhrfreiheit zeitweilig aufheben. Aus diesen 
Gründen erklärt es sich, daß diese Verbote stets vom Kaiser als „vom Kaiser nach 
erfolgter Zustimmung des Bundesraths“ erlassen verkündet werden 3. Es ist richtig, 
daß das Recht, Aus= und Einfuhrverbote gemäß § 2 des Vereinsgollgesetzes zu 
erlassen, durch internationale Verträge beschränkt oder aufgehoben werden kann . 
Thatsächlich ist aber in den Verträgen dieses Recht weder beschränkt noch aufgehoben 
worden 5. 
Abgesehen von den Zöllen und den in Art. 85 der Reichsverfassung bezeichneten 
Gegenständen können die Einzelstaaten jeden Gegenstand beliebig besteuern. Indeß 
beschränkt Art. 5 des Vertrages vom 8. Juli 1867 dieses Recht sehr erheblich. 
Weitergehende Beschränkungen, als in diesem Vertrage enthalten find, können nur 
auf Grund eines verfassungsändernden Gesetzes erlassen werden #m# In Elsaß- 
Lothringen finden die Beschränkungen des Art. 5 auf die Gemeinde-Octrois in- 
soweit keine Anwendung, als die daselbst über das Octroi bestehenden Bestimmungen 
die Erhebung derselben von ausländischen Erzeugnissen zulassen. Nur für den aus- 
ländischen Wein gilt auch in Elsaß-Lothringen die Vorschrift, daß er bei der auf 
die Verzollung folgenden ersten Einlage von jeder inneren Steuer freizulassen ist ?7. 
Ausländische Erzeugnisse, welche mit einem Einfuhrzolle von mehr als 
1,5 Mark vom Centner belegt find, dürfen in den Bundesstaaten (nach Art. 5 des 
Vertrages vom 8. Juli 1867) keinerlei Abgabe mehr unterworfen werden. Aus- 
genommen, d. h. also statthaft sind die Steuern von der Fabrikation des Brannt- 
weins, Biers und Essigs, ingleichen die Mahl= und Schlachtsteuer. Doch darf es 
dabei keinen Unterschied machen, ob die Waare aus dem Zollinlande oder Zoll- 
auslande herrührt. Nach dem Gesetze vom 27. Mai 1885, betreffend die Abänderung 
des Zollvereinigungsvertrages (R.-G.-Bl. 1885, S. 109) können solche inländischen 
Abgaben von Mehl und anderen Mühlenfabrikaten, Backwaaren, Fleisch, Fleisch- 
waaren und Fett und, soweit es sich um die Besteuerung für Gemeinden und 
Körperschaften handelt, von Bier und Branntwein erhoben werden, trotzdem der 
Eingangszoll nunmehr über 1,5 Mark vom Centner beträgt. 
Art. 5 des Vertrages vom 8. Juli 1867 betrifft sodann unter II die Be- 
steuerung von zollinländischen Gegenständen. Für Branntwein, Bier und 
Wein stellt er Steuermaxima auf, nämlich: a) für Branntwein 30 Mark von der 
Ohm zu 120 Ouart preußisch und bei einer Alkoholstärke von 50 % nach 
Tralles; b) für Bier 4,5 Mark von der Ohm zu 120 Ouart preußisch; c) für 
Wein, und zwar aa) wenn die Abgabe nach dem Werthe des Weines erhoben 
wird, 4,5 Mark vom Zollceentner (15 Mark von der Ohm), bb) wenn die Abgabe 
ohne Rücksicht auf den Werth des Weines erhoben wird, 2,5 Mark vom Zollcentner 
(8,338 Mark von der Ohm). 
  
  
1 Die zahlreichen Ausfuhrverbote des Jahres 
1870 wegen des Krieges hat nicht der nicht ver- 
sammelte Zollbundesrath auf Grund des Vereins- 
ollgesetzes erlassen. Sie find auf Grund Art. 7, 
B 2 der Verfassung vom Bundesrathe 
des Norddeutschen Bundes erlassen worden. 
2 Art. 5, Abs. 2 der Reichsverfassung. 
e 1 Siehe Arndt, in Hirth's Annalen 1895, 
Nichtig Störk, im Archiv f. öff. Necht, 
Bd. IX, 5½u * * ft. Rech 
s Vgl. z. B. Art. 5, Abs. 2 des Handels- 
  
und Schifsahrtsvertrages mit Rußland vom 
10. Februar'29. Januar 1894 (R.-G.-Bl. 1894, 
S. 153), der mindestens so weit wie § 2 des 
Vereinzzollgesehen geht. 
* Oben S. 359; Seydel, Comm., S. 233. 
17 gyet vom 25. Juni 1873 (R.-G.-Bl. 1873, 
S. 161), §5 5; Delbrück, Art. 40, S. 28. 
* Wenn die Abgabe nach einer Clasfification 
der Weinberge erhoben wird, findet eine Be- 
schränkung durch Steuer auf ein Maximum nicht 
att (ccg.
	        
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