Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

864 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
Abgaben für Communen und Corporationen sollen nur für Gegenstände des 
örtlichen Verbrauchs, und zwar nur für Bier, Essig, Malz, (Obstwein), die der 
Schlacht= und Mahlsteuer unterliegenden Erzeugnisse, Brennmaterialien, Markt- 
victualien und Fourage gestattet sein 1. Vom Wein soll die Erhebung einer Ab- 
gabe der vorgedachten Art nur in denjenigen Theilen des Reiches zulässig sein, 
welche zu den eigentlichen Weinländern gehören 2 Als Weinländer in diesem 
Sinne gelten nur Bayern, Württemberg, Baden, Hessen (früher auch Nassau). 
Von Branntwein dürfen von Communen oder Corporationen Abgaben nur aus- 
nahmsweise erhoben werden, nämlich da, wo solche bereits bestehen oder nach der 
bestehenden Gesetzgebung nicht versagt werden können". Für Rechnung der Communen 
oder Corporationen zur Erhebung gelangende Abgaben von Wein und Bier dürfen 
(außer in Elsaß-Lothringen) den Satz von 20 Procent der in Art. 5, § 2 des 
Vertrages vom 8. Juli 1867 festgesetzten Maximalsätze, soweit dies nicht schon beim 
Abschlusse dieses Vertrages der Fall war, nicht überschreiten; es darf also die 
Communalbiersteuer nur bis zur Höhe von 90 Pfennig für die Ohm zu 120 Ouart 
preußisch eingeführt werden 5. Die Communalsteuer für Branntwein (außer in 
Elsaß-Lothringen) darf mit der Staats= und bezw. Reichssteuer zusammen den 
Betrag von 30 Mark für 120 preußische Quart nicht überschreiten 5. Es ist selbst- 
verständlich, daß eine Herabsetzung dieser Maximalsätze nur durch verfassungsänderndes 
Reichsgesetz erfolgen kann. 
Aus der Eigenschaft des Deutschen Reiches als eines einheitlichen Zoll- und 
Handelsgebiets folgt, daß Begünstigungen der Einfuhr von Fabrikstoffen durch 
Freipässe, sowie Begünstigungen der Ausfuhr von Fabrikaten durch Rück- 
zölle und Prämien in keinem Bundesstaate einseitig, ohne Einverständniß mit 
den übrigen, selbst auf besondere („privative“) Rechnung des bewilligenden Staates 
stattfinden dürfen , und daß Begünstigungen für Gewerbetreibende hinsichtlich der 
Steuerentrichtung auch für privative Rechnung, z. B. durch Creditgewährung oder 
Stundung, „nicht zur Erschwerung der Concurrenz anderer Fabrikanten, welche 
Angehörige der Vereinsstaaten (Reichsangehörige) find, gerichtet werden dürfen“ 7. 
Soweit solche Begünstigungen überhaupt ausnahmsweise (für den Haushalt der 
Monarchen und Gesandten) s gestattet sind, fallen sie der Kasse des Staates, welcher 
sie bewilligt hat, zur Last 35. Zollbegünstigungen für Maschinen und Maschinentheile 
dürfen selbst auf privative Rechnung nicht gewährt werden?. Den Erbauern von 
Seeschiffen kann auf Reichsrechnung für die verwandten zollausländischen Eisen- 
bestandtheile Zollvergütung gewährt werden 10. 
Rabattprivilegien für die Einfuhr nach Meßplätzen finden nicht mehr 
statt 1; auch nicht mehr Zollermäßigungents. Dagegen bestehen noch Meß- 
conten, d. h. die Einführung von Waaren, die nach gewissen Meßplätzen gehen, 
ohne Zollentrichtung gegen Eintragung in ein Meßconto und durch Zahlung des 
Zolls nur und erst, wenn die Waare im Inlande verkauft wird 18. Solche Conten 
bestehen für die Messen in Leipzig, Frankfurt a. M., Offenbach und Braunschweig, 
und stellen Sonderrechte der betreffenden Staaten im Sinne des Art. 78, Abf. 2 
der Reichsverfassung dar . Ebenso gelten noch die bezüglich dieser Messen ge- 
troffenen Verabredungen. 
Art. 15 des Zollvereinigungsvertrages gestattet, ausnahmsweise einzelne 
Gegenstände ohne Zollentrichtung oder richtiger auf Kosten des betreffenden Bundes- 
staates frei bei sich eingehen zu lassen. Dergleichen Gegenstände werden zollgesetzlich 
  
  
1 Art. 5, II, § 7, Abs. 1 und 2. 7 Verträge und Verhandlungen, I, S. 270. 
2 Art. 5, IV, 7, Abf. 3. 6# Siehe weiter unten. 
2 Siehe Art. 11, § 7 des Vertrages vom ?* Art. 13 des Vertrages vom 8. Juli 1867. 
16. Mai 1865, Delbrück, S. 40. 10 Centralbl. des Deutschen Reiches 1880, 
4 Art. 5, II, § 7, Abf. 4. S. 5. 
Art. 5, II, 5 2. 11 Delbrück, S. 60. 
6" W Protokoll der Vereinsbevollmächtigten# Delbrück, S. 61. 
vom 3. April 1833 in den Verträgen und Verism Delbrück, S. 62. 
handlungen, Bd. I. S. 60, Delbrück, S. 60.] 14 Delbrück, S. 62. 
 
	        
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