376 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Zollgesetz, der Zolltarif und die Zollordnung sind nun auch auf Grund der ein—
gegangenen Verpflichtung vereinbart und als Landesgesetze verkündet worden!.
Diese Gesetze enthalten nun zwar zahlreiche Vorschriften nicht nur von mittelbarer,
sondern zuweilen sogar von unmittelbarer Bedeutung auch für das Strafrecht, einen
vollständigen codex criminalis für Zollvergehen brachten sie indessen nicht. Es war
nämlich nicht gelungen, zu einer vollständigen Einigung über Form und Inhalt
des Zollstrafrechts zu gelangen. Vielmehr konnte man sich (auf der ersten General=
zollconferenz in München) nur über „die Grundsätze, das Zollstrafgesetz
betreffend“ verständigen, neben welchen die strafrechtlichen Vorschriften des Zoll-
cartells und die übrigen gemeinschaftlichen Zollgesetze in Kraft geblieben waren.
„Die Grundsätze, das Zollstrafgesetz betreffend,“ erstreckten sich aber nicht nur
auf das materielle Zollstrafrecht, sondern auch auf das Verfahren bei Zuwider-
handlungen gegen die Zollgesetze. In letzterer Hinsicht waren folgende sechs Grund-
sätze vereinbart worden:
§5 1: „Vorläufige Feststellung des Thatbestandes, sowie die Verfügung der-
jenigen Maßregeln, welche erforderlich sind, damit seiner Zeit die Strafe an dem
Thäter vollzogen werden kann, sind Sache der Zollbehörde.“ § 2: „Die von den
Zollbeamten oder Bediensteten zur Feststellung des Thatbestandes einer Zollüber-
tretung vorschriftsmäßig aufgenommenen Protokolle haben öffentlichen Glauben.“
§ 3: „Das Verfahren wird überall von Amtswegen summarisch und im Unter-
suchungswege geleitet.“ § 4: „Es wird Vorkehrung getroffen werden, daß die
einer Zollübertretung Angeschuldigten in allen Fällen, in welchen es neben der
Confiscation der defraudirten Gegenstände nur auf eine Geldstrafe ankommt, die
Befugniß erhalten, sich, ohne eine weitere Vorbehandlung vor den gewöhnlichen
Gerichten, dem Ausspruche der Zollbehörden zu unterwerfen.“ § 5: „Ordnungs-
strafen.“ § 6: „Die Geldbußen in Zollsachen und der Erlös aus den Zoll-
confiscaten werden in jedem Lande zum Besten der Zollbediensteten u. s. w. ver-
wendet.“
Auf der so gewonnenen gemeinschaftlichen Grundlage ergingen in den einzelnen
Vereinsstaaten Gesetze wegen Untersuchung und Bestrafung der Zollvergehen, und
zwar: Preußen unter dem 23. Januar 1838 (G.-S. 1838, S. 78), Bayern
dem 17. November 1837, Sachsen dem 3. April 1838, Württemberg dem
15. Mai 1838, Baden dem 3. August 1837, Großherzogthum Hessen dem
9. März 1838, Weimar-Eisenach dem 1. Mai 1838, Braunschweig dem
1. Dezember 1841, Oldenburg dem 20. September 1853. Diese Gesetze stimmten
weit über die vereinbarten Grundsätze und fast in allen wesentlichen Vorschriften
mit einander überein.
Das Zollvereinsverhältniß wurde aus einem zunächst völkerrechtlichen
durch Artikel 40 der Reichsverfassung ein staatsrechtliches?. Nach diesem
Artikel bleiben die Bestimmungen des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867
in Kraft, „soweit sie nicht auf dem in Artikel 7 beziehungsweise Artikel 78 be-
zeichneten Wege abgeändert werden.“ Artikel 3, § 7 des genannten Vertrages
bestimmt nun: „In Gemäßheit der vorstehenden Verabredungen werden die ver-
tragenden Theile das Zollgesetz, die Zollordnung, den Zolltarif, die Grund-
sätze, das Zollstrafgesetz betreffend, wie solche zwischen ihnen vereinbart
worden sind, fernern das Zollkartell vom 11. Mai 1833 zur An-
wendung bringen.“ Die Grundsätze, das Zollstrafgesetz betreffend, und „das Zoll-
kartell vom 11. Mai 1833“ find heute — wie der Vertrag vom 8. Juli 1867 —
Reichsrecht und können im Wege der Landesgesetzgebung nicht abgeändert
werden. Ein Theil der in ihnen enthaltenen Vorschriften, insbesondere die über
den Bezug der Confiscate, den Erlaß von Confiscationen und hinterzogenen Ge-
fällen, das Recht der Begnadigung und der Niederschlagung von Untersuchungen —
überhaupt alle, welche die Sonderrechte der Bundesstaaten und die Rechte der
1 Preuß. Ges.-S. 1838, S. 33 ff. Siehe oben S. 15, 16.