8 39. Zollstrafrecht und Zollstrafverfahren. 377
Bundesstaaten zu einander und zur Gesammtheit betreffen — sind verfassungs-
mäßige Vorschriftent.
Zu den verfassungsändernden Gesetzen gehören die Reichsjustizgesetze vom
Jahre 1877, also namentlich die Strafprozeßordnung, nicht; ihre Vorschriften
kommen daher, soweit sie mit den verfassungsmäßigen Vorschriften der Zollgesetz-
gebung in Widerspruch stehen, nicht in Betracht.
Zu den Anordnungen einfach legislativer Natur, welche durch einfaches
Reichsgesetz abgeändert werden können, gehören die Vorschriften über das gericht-
liche Verfahren, sowie über das administrative Verfahren, insbesondere über die
Nacheile durch Zollbeamte, Beschlagnahme, Visitationen, Haussuchungen, das Sub-
missionsverfahren u. s. w. .
Zu den Anordnungen administrativer Natur gehören die Vorschriften
über das Zusammenwirken der Verwaltungsbehörden zur Verhütung, Entdeckung
und Bestrafung von Gontraventionen ?, wie alle zur Ausführung der Zollgesetze
erlassenen Ausführungsverordnungen. Diese können sowohl durch Reichsgesetz als
durch Verordnung (Beschluß des Bundesrathes) abgeändert werden.
Nun bestimmt § 5 des Einführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung, daß die
proceßrechtlichen Vorschriften der „Reichsgesetze“ durch die Strafprozeßordnung nicht
berührt werden. Als „Reichsgesetze“ in diesem Sinne gelten die auf Grund des
Art. 7 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 vom Bundesrathe und
vom Reichstage des Zollvereins beschlossenen Gesetze, nicht aber die einst zwischen
den Zollvereinsstaaten vereinbarten Gesetze, also nicht das Zollcartell, noch die
Grundsätze, das Zollstrafgesetz betreffend, welche im Sinne des § 5 des Einführungs-
gesetzes nur Landesgesetze sind 5.
In Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergeben sich folgende vier
Grundsätze für das Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze":
1) Alle verfassungsmäßigen Vorschriften der Zollvereinigungsverträge und
sonstigen Zollgesetze find durch die Reichsjustizgesetze nicht berührt worden. 2) Ferner
find alle Vorschriften, welche in den Gesetzen des Deutschen Reiches, des Nord-
deutschen Bundes, wie in den vom Bundesrath des Zollvereins und dem Zoll-
parlamente gemeinschaftlich beschlossenen Gesetzen enthalten sind, durch die Straf-
prozeßordnung unberührt geblieben. 3) Die in den Landesgesetzen enthaltenen, auf
das administrative Strafverfahren Bezug habenden Vorschriften gelten nur
noch mit den sich aus den §§ 159 ff. der Strafprozeßordnung ergebenden Ein-
schränkungen. 4) Die in den „Landesgesetzen“ enthaltenen Vorschriften, welche durch
Art. 40 der Reichsverfassung Reichsrecht geworden sind, insbesondere das Zoll-
cartell vom 11. Mai 1833 und „die Grundsätze, das Strafgesetz betreffend,“ dürfen
fortan nur noch durch Reichsgesetz abgeändert werden (Art. 35 der Reichsverfassung).
Die übrigen in den Landesgesetzen enthaltenen, das administrative Strafverfahren
betreffenden Vorschriften unterliegen dagegen noch heute der Abänderung im Wege
des Landesrechts.
Aus dem zu 4) aufgestellten Satze rechtfertigen sich z. B. die bayerische
Verordnung vom 1. Oktober 1879 (Amtsblatt der bayerischen General-Zolladmini-
stration 1879, S. 453), das württembergische Gesetz vom 25. August 1869
(Württembergisches Regier.-Bl. 1869, S. 259), die mecklenburgischen Ver-
ordnungen zur Ausführung der Strafprozeßordnung vom 4. Juli 1879, 8§88 38
bis 76 (Regier.-Bl. für Schwerin 1879, S. 333, Officielle Anzeiger für Strelitz
1879, S. 317), das sächsische Gesetz, das Verfahren in Verwaltungsstrafsachen
betreffend, vom 8. März 1879 (Sächs. Ges.-Bl. 1879, S. 87), das olden-
burgische Gesetz vom 4. Januar 1879 (Oldenb. Ges.-Bl. 1879, S. 2) und die
Verordnungen vom gleichen Tage für Baden (Verordnungsbl. der Zolldirection
1879, S. 323) und Elsaß-Lothringen (Amtsblatt des Generaldirectors der
—
1 Se oben S. 359 f. ges. Strafrechtswissenschaft, Bd. V, S. 284.
2 Siehe auch Delbrück, Art. 40, S. 22. 4 Arndt, I. c. S. 287.
* Vgl. Arndt, in der Zeitschrift für die