8 39. Zollstrafrecht und Zollstrafversahren. 381
Strafnorm aufgestellt ist. Wünscht die Verwaltungsbehörde eine an sich gesetzlich
zulässige Substituirung einer Freiheitsstrafe 1, so giebt sie die Verhandlungen an
die Staatsanwaltschaft ab, welche die Sache mit ihrem Antrage auf Strafumwandlung
dem zuständigen Gericht vorlegt.
Ueber die Art und Weise, in welcher die Verwaltungsbehörden die ihnen zu-
stehende Zwangsvollstreckung vorzunehmen haben, entscheidet das Landesrecht. In
Preußen find heute maßgebend das Ausführungsgesetz zur Deutschen Civilprozeßordnung
vom 24. März 1879 (G.-S. 1879, S. 281), § 14, und die Königliche Verordnung,
betr. das Verwaltungszwansgverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen, vom
7. September 1879 (G.-S. 1879, S. 591). In Grundstücke ist die Vollstreckung
außer mit Einwilligung des Contravenienten nur statthaft, wenn letzterer ein Aus-
länder ist und er anderweitiges Vermögen im Inlande nicht besitzt ?. Im Concurs-
verfahren können Geldstrafen nicht geltend gemacht werden 3, einem Nachlasse gegenüber
nur, wenn der Bescheid bereits bei Lebzeiten des Contravenienten rechtskräftig war 4.
Die Vollstreckbarkeit der Strafbescheide und Recursresolute gilt für das ganze
Reich. Die Behörden der Bundesstaaten haben sich wechselseitig Hülfe zu leisten
und den Requisitionen nachzukommen 5. Dieser Satz fand sich in Art. 3 des Zoll-
cartells und war durch die Strafprozeßordnung nicht berührt worden". Heute folgt
er aus dem Gesetz über den Beistand u. s. w. vom 9. Juni 1895 (R.-G.-Bl. 1895, S. 256).
Hat der Contravenient gegen den Strafbescheid den Antrag auf gerichtliche
Entscheidung gestellt, so hat die Verwaltungsbehörde, falls sie den Bescheid nicht
zurücknimmt, ohne Rücksicht darauf, ob der Antrag in der Sache begründet, ob er
rechtzeitig oder verspätet? eingegangen ist, die Verhandlungen an die Staatsanwalt-
schaft abzugeben (Strafprozeßordnung §§ 460, 467). Die Verwaltungsbehörde,
welche den angegriffenen Strafbescheid erlassen hat, kann sich in jeder Lage des
gerichtlichen Verfahrens s der Verfolgung des Angeschuldigten anschließen. Durch
die Anschlußerklärung erlangt sie die Rechte eines Nebenklägers (Strafprozeßordnung
§ 467). Diese Rechte sind ihr eingeräumt worden?, weil sie ein Interesse daran
hat, selbst in dem Verfahren mitzuwirken und ihre Ansichten unmittelbar vor dem
Gerichte zu entwickeln, sei es, weil die Sache eingehende technische Erörterungen
erfordert, sei es, weil sie für die Verwaltung von grundsätzlicher Wichtigkeit ist.
Mit der Anschlußerklärung hat die Verwaltungsbehörde einen Beamten ihres Ver-
waltungszweiges oder einen Rechtsanwalt als ihren Vertreter zu bestellen und namhaft
zu machen (Strafprozeßordnung §5 467, Abs. 1, und 464, Abs. 2).
Verschieden gestaltet sich die Mitwirkung der Verwaltungsbehörde, wenn
ein Strafbescheid noch nicht erlassen ist. Die Mitwirkung kann entweder darin
bestehen, daß die Verwaltungsbehörde selbst Anklage erhebt oder sich der von der
Staatsanwaltschaft erhobenen Anklage anschließt. Diese Mitwirkung ist bei allen
Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze statthaft, nicht bloß bei denen, in denen
ein Strafbescheid zulässig ist 160, auch wenn z. B. ideale Concurrenz mit den §§ 327,
328 des Strafgesetzbuchs vorliegt u1.
Weigert sich die Staatsanwaltschaft, die Anklage zu erheben, so steht es der
Verwaltungsbehörde zu, selbst die Anklage zu erheben (Strafprozeßordnung § 464).
Den Antrag auf Voruntersuchung kann sie nicht stellen 12. Die ablehnende Be-
scheidung der Staatsanwaltschaft muß die Verwaltungsbehörde bei Erhebung der
Anklage dem Gerichte vorlegen 18. Die unmittelbare Erhebung der Anklage darf
1 Sie kann davon absehen.
2 Verordnung vom 7. September 1879, § 54.
Diese Verordnung wird demnächst durch eine
neue ersetzt werden.
2 Kontursordnung *r N. Anm. 3.
Strafgesetzbuch § 3
mit dP 467, Abs. 1 und 2.
° Motive zur Strafprozeßordnung S. 230.
10 Siehe Arndt, l. c. S. 314 ff., vgl. auch
Löwe, Comm., Anm. 2 zu § 464 und Anm. 2
zu 8 467 der Strafprozeßordnung.
m Vgl. Erk. des Ober-Tribunals Berlin vom
5§ Delbrück, Art. 4% S. * 7. November 1878 im Preuß. Abgaben-Centralbl.
6. * infithrunge gesetz 8 6, Nr. 1879, S. 344.
Arndt, lI. c. S. 313, L #n, Comm., 1½t Löwe, Comm., Anm. 4 zu § 464 der Straf-
k#un. 2 zu 460, Anm. 4 zu § 455 der Straf- d-
prozeßordnung. 13 Löwe, Comm., Anm. 5 zu § 464 der Straf-
Strafprozeßordnung § 435 in Verbindung
prozeßordnung.