6 39. Zollstrafrecht uud Zollstrafverfahren. 383
mecklenburgischen Verordnungen zur Ausführung der Strafprozeßordnung vom
4. Juli 18791: „Die Steuer= und Zolldirection ist befugt, der Strafvollstreckung
Einhalt zu thun, ohne Rücksicht darauf, ob die Strafe durch gerichtliches Urtheil
oder durch Strafbescheid verhängt ist. Dem Ersuchen der Zoll= und Steuerdirection,
der Strafvollstreckung Einhalt zu thun, hat die Staatsanwaltschaft Folge zu geben.“
Das vorbeschriebene administrative Strafverfahren findet Anwendung sowohl auf
die Contrebande , wie auf die Zolldefraudationen, wie auf die Zollcontraventionen
in den Fällen der §§ 151 und 152. Es findet sodann in seinem ganzen vor-
beschriebenen Umfange Anwendung bei Zuwiderhandlungen gegen die österreichisch-
engarüchen Zollgesetze (§ 7 des Gesetzes vom 17. Juli 1881, R.-G.-Bl. 1881,
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Anders liegt der Fall bei den Uebergangsabgabenz; diese werden erhoben,
wenn Bier (oder geschrotetes Malz) aus einem außer der Brausteuergemeinschaft?
befindlichen Vereinsstaate in diese Gemeinschaft eingeführt wird und umgekehrt;
ferner wenn Branntwein aus Luxemburg in das übrige Zollgebiet eingeführt wird".
Der Ertrag dieser Abgaben fließt in die Reichskasse, wenn sie innerhalb der in der
Steuergemeinschaft stehenden Staaten zur Hebung gelangen, sonst nicht. Die
Uebergangsabgaben werden durch das Vereinsgollgesetz nicht getroffen #r. Es kommen
daher auf die Zuwiderhandlungen gegen die Erhebung der Uebergangsabgaben in
materieller und formeller Hinsicht die Landesgesetze, und zwar in den meisten
Bundesstaaten die alten Zollgesetze zur Anwendung, in Preußen das Zollstrafgesetz
vom 3. Januar 1838, in Meiningen das Zollstrafgesetz vom 1. Mai 1838
(Ges.-S. 1838, S. 147) und das meiningen'sche Uebergangsabgabengesetz vom
1. Dezember 1841 (Ges.-S. 1841, S. 80). Bei Zuwiderhandlungen gegen die
Gesetze, betreffend Uebergangsabgaben, gilt das administrative Strafverfahren, soweit
es in den Landesgesetzen normirt ist. Nicht gelten dagegen die Bestimmungen,
welche darüber im Vereinszollgesetze vom 1. Juli 1869 z. B. über Controlen im
Grenzbezirke gegeben sind.
Das bisher besprochene administrative Strafverfahren gilt nur für die Zu-
widerhandlungen gegen die Zollgesetze, welche im Zollinlande, nicht für die,
welche in den außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze belegenen Gebietstheilen
des Deutschen Reiches begangen find . Die sog. Sicherungsgesetze vom 1. Juli 1869
(B.,G.-Bl. 1869, S. 370) und vom 28. Juni 1879 (R.-G.-Bl. 1879, S. 159)
kennen ein administratives Strafverfahren nicht.
Das erste Bundesgesetz, welches das für Zollvergehen geltende Verfahren auf
andere Fälle anwendbar erklärte, ist das Gesetz, betreffend die Erhebung einer Ab-
gabe von Salz, vom 12. Oktober 1867 (B.-G.-Bl. 1867, S. 41), das im ganzen
NReichsgebiete, abgesehen von den Zollausschlüssen, gilt7. § 18 dieses Gesetzes be-
stimmt: „Die Feststellung, Untersuchung und Entscheidung der Salzabgaben-Defrau-
dationen erfolgt nach den Bestimmungen über Zuwiderhandlungen gegen die Zoll-
gesetze. — Die Vorschriften für den Fall der Uebertretung der Zollgesetze durch einen
Unbekannten finden auch auf Fälle der Umgehung der Steuer von inländischem
Salze durch einen Unbekannten Anwendung.“ Hieraus ist zu folgern 8, daß das
administrative Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze auch auf
alle Arten der Zuwiderhandlungen gegen das Salzsteuergesetz mit der Einschränkung
Anwendung findet, daß das jüngere Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 außer
Betracht bleiben muß.
Im vollen Umfange gilt das vorbeschriebene administrative Strafverfahren
bei Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz wegen Erhebung der Brausteuer vom
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1 Regier.-Bl. für Schwerin 1879, S. 333, 1882 in den Entsch. für Strafs., Bd. VII,
Offieieller Anzeiger für Strelitz 1879, S. 307.. 326.
Siehe hierüber Arndt, l. c. S. 328 ff. * Arndt, l. c. S. 331; vgl. auch Recht-
Siehe oben S. 341. sprechung des Reichsgerichts in Straff., Bd. III,
4Siehe oben S. 8344. S. 663.
6 Art. 3 des Vertrages vom 8. Juli 1867, 7 Siehe oben.
Delbrück, Art. 40, S. 34, Arndt, l. c. 8 Die nähere Begründung fiehe bei Arndt,
S. 380 ff., Erk. des Reichsgerichts vom 7. Dez.|/L. c. S. 333.