Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

886 Siebentes Buch. Finanzwesen. 
sich das Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen die Zollgesetze richtet 1 (§ 17, 
Abs. 2). Die auf Grund dieses Gesetzes erkannten Strafen fallen dem Fiskus des- 
jenigen Bundesstaates zu, von dessen Behörden die Entscheidung erlassen ist. 
II. Die Natur eines Finanzgesetzes hat das als Reichsgesetz" gültige Gesetz, 
betreffend die Wechselstempelsteuer, vom 10. Juni 1869 (B.-G.-Bl. 1869, 
S. — theilweise abgeändert durch Gesetz vom 4. Juni 1879 (R.-G.-Bl. 1879, 
S. 151). 
Gezogene und eigene Wechsels unterliegen im Gebiete des Deutschen Reiches 
einer zur Reichskasse fließenden Stempelabgabe. Befreit bleiben: 1) die vom Aus- 
lande auf das Ausland gezogenen (auch eigene Wechsel, die im Auslande ausgestellt 
und im Auslande zahlbar sind"), nur im Auslande zahlbaren Wechsel, 2) die vom 
Inlande auf das Ausland gezogenen, nur im Auslande und zwar auf Sicht oder 
spätestens innerhalb zehn Tagen nach der Ausstellung zahlbaren Wechsel, sofern fie 
vom Aussteller direkt in das Ausland remittirt werden (und dort bleiben, also 
nicht durch Indossirung wieder in das Deutsche Reich kommen 5). Die Stempel- 
abgabe beträgt von einer Summe von 200 Mk. und weniger 0,10, über 200 bis 
400 Mk. 0,20, über 400 bis 600 Mk. O,30, über 600 bis 800 Mk. 0,40, über 
800 bis 1000 Mk. 0,50 und von jedem ferneren 1000 Mk. die Summe von 
0,50 Mk. mehr, dergestalt, daß jedes angefangene Tausend für voll gerechnet wird 
(§2). Die Umrechnung der nicht in Reichswährung ausgedrückten Summen erfolgt, 
soweit nicht der Bundesrath allgemeine Mittelwerthe festsetzt, nach Maßgabe des 
laufenden Courses (§ 8). 
Für die Entrichtung der Abgabe sind der Reichskasse sämmtliche Personen, 
welche an dem Umlaufe des Wechsels im Reichsgebiete (durch eine Thätigkeit, welche 
geeignet ist, den Wechsel geschäftsfähig zu machen oder in irgend einer Weise zu 
realisiren 8) theilgenommen haben, solidarisch verhaftet (§ 4), und zwar der Aus- 
steller vom Zeitpunkt der Ausstellung an, die übrigen Interessenten (§ 5) von der 
Uebernahme des Wechsels an (§ 4). Als Theilnehmer an dem Umlaufe eines 
Wechsels! wird hinsichtlich der Steuerpflicht angesehen: der Aussteller, jeder Unter- 
zeichner und Mitunterzeichner eines Accepts 7, eines Indossaments oder einer anderen 
Wechselerklärung und Jeder, der für eigene oder fremde Rechnung den Wechsel 
erwirbt, veräußert, verpfändet oder als Sicherheit annimmt, zur Zahlung präfentirt, 
Zahlung darauf empfängt oder leistet, oder Mangels Zahlung Protest erheben läßt, 
ohne Unterschied, ob der Name oder die Firma auf den Wechsel gesetzt wird oder 
nicht (§ 5). Die Kategorien find durch Analogie nicht ausdehnbar?; unter diese 
Kategorien fallen aber der Ehrenacceptant, der Bürge, der Procurist, Handlungs- 
bevollmächtigte, Vorstand einer Gesellschaft, Vertreter der Reichsbank, selbst wenn 
sie nur im fremden Namen und nur für fremde Rechnung handeln?, auch die In- 
haber einer Firma 10. Darunter fällt nicht, wer den Wechsel, ohne Incassomandatar 
zu sein, einklagt. Die Entrichtung der Stempelabgabe muß erfolgen, ehe ein in- 
ländischer Wechsel von dem Aussteller, ein ausländischer von dem ersten inländischen 
Inhaber (§ 5) aus den Händen gegeben wird1. Letzteres geschieht dadurch nicht, 
  
  
1 Siehe oben S. 375 ff. Z S. 708. 
* #§# 2 des Gesetzes, betreffend die Verfassun Oppenhoff, Rechtsporchung des Ober- 
des Deutschen Reichs, vom 16. April 1871 (R.= Tribunals, Bd. XIII, S. 50, 650. 
G.-Bl. 1871, S. 63). 7 Auch unter Umständen eines Wechsel- 
* Welche nach den deutschen Gesetzen als blanketts (s. Entsch. des Reichsger. in Straff., 
Wechsel gültig sind; * Oppenhoff, Recht-,Bd. X, S. 27), auch eines unvollständigen Wech- 
sprechung des Ober-Tribunals in Straff., Bd. s Lich. des Reichsger. in Straff., Bd. XVI, 
XV, S. 284, und Bd. XVIII. S. 150; f. auch . 
16 des Gesetzes. Als Wechsel gelten au * Oppenhoff, Rechtsprechung, Bd. XVII, 
echselblanketts, wenn mit denselben eine Thätig-S. 794. 
keit eingetreten, welche geeignet ist, den Wechsel ?* Oppenhoff, I. c. BVd. XIV, S. 47, 269, 
geschüft-zähig zu machen oder in irgend einer 673, Bd. XVII, S. 592. 
eise zu realisiren: Entsch. des Reichsger. in 10 Goltdammer's Archiv für Strafsachen, 
Straff., Bd. K, S. 27. Bd. XX, S. 596. " 
S 1 Entsch. des Reichsger. in Straff., Bd. XI, 11 56 Entsch. des Reichsger. in Straff., Bd. 
. 109. XV, S 
5 Sten. Ber. des Reichstages 1869, Bd. III, 
 
	        
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